Sie hatten bereits am Montag in einem Park begonnen und richteten sich zunächst gegen die Rodung von Bäumen für ein geplantes Einkaufszentrum. Inzwischen weiteten sie sich jedoch zu Protesten gegen die Politik von Erdogans Partei AKP aus. Die Partei hat islamistische Wurzeln. Auch in der Hauptstadt Ankara kam es zu Zusammenstößen. Eigentlich wollten junge Leute gegen Beschränkungen beim Alkoholverkauf protestieren. Aus Solidarität mit den Demonstranten in Istanbul zogen sie jedoch in Richtung der Partei-Zentrale der AKP. "Überall gibt es Widerstand, überall ist Taksim", skandierten sie. Die Polizei setzte ebenfalls Tränengas ein.
"Wir haben keine Regierung, wir haben Tayyip Erdogan", sagte Koray Caliskan, ein Politikwissenschafter an der Bosporus Universität in Istanbul. Dies sei der Anfang eines Sommers des Unmuts. "Es geht nicht mehr nur um Bäume", sagte der 18-jährige Student Mert Burge. "Es geht um den Druck, der von dieser Regierung ausgeübt wird. Wir haben die Schnauze voll. Die Richtung, die dieses Land einschlägt, gefällt uns nicht."
Glasscherben und Steine pflasterten eine Haupteinkaufsstraße von Istanbul. Eine Touristin aus Ägypten war in kritischem Zustand, nachdem sie ein Gaskanister der Polizei am Kopf getroffen hatte. Mehrere wurden verletzt - darunter ein Fotograf der Nachrichtenagentur Reuters. Hunderte hatten wegen des eingesetzten Tränengases Atemprobleme. Eine Mauer stürzte ein, als Demonstranten auf der Flucht vor dem Gas über sie klettern wollten.
Erdogan ist zwar nach wie vor der beliebteste Politiker in der Türkei. Viele Bürger sind aber mit seinem autoritären Stil unzufrieden und beklagen etwa Beschränkungen beim Alkoholverkauf. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International beklagte, dass die Reaktion der Polizei gegen die zunächst friedlichen Proteste überzogen sei.
(Quelle: salzburg24)