Das EM-Achtelfinalspiel gegen die Türkei hätte zum größten Erfolg des österreichischen Männer-Nationalteams seit Jahrzehnten werden können, am Ende wurde es zur vielleicht schmerzvollsten Niederlage seit Dekaden. Mit dem 1:2 am Dienstag in Leipzig endete die Hoffnung auf einen Sensationslauf. "Das ist von der Fußball-Tragik her nicht zu überbieten", klagte ÖFB-Torschütze Michael Gregoritsch. Sein Treffer bedeute für ihn "null Trost".
"Die schlimmste Art, so auszuscheiden"
Es sei "fürchterlich", sich auf diese Weise aus dem Turnier zu verabschieden. "Wir sind extrem traurig, extrem enttäuscht. Wir haben alles auf dem Platz gelassen und alles dafür getan, das Spiel noch zu drehen. Es ist die schlimmste Art, so auszuscheiden, wenn man so viele Chancen hat", erklärte Gregoritsch. Der Steirer benötigt wohl einige Zeit zur Verarbeitung dieses Tiefschlags. "Von der Fußballnacht her war das mit die schwerste, die ich erlebt habe. Es wird extrem schwer, sich davon zu erholen."
Kein Grund zum Jubeln für Österreicher
Und doch habe das Turnier auch positive Folgeerscheinungen, betonte Gregoritsch. "Alle Menschen können stolz aufeinander sein. Es hat, glaube ich, in Österreich kaum Ausschreitungen oder negative Vorfälle gegeben. Man hat gesehen, es können alle für eine Sache stehen, die gut ist. Ich glaube, dass wir uns ganz weit entfernen sollten von rechtem Gedankengut und wissen sollten, wie wichtig das ist, dass wir alle gleich sind, wir alle für unser Land da sind und für eine Sache brennen können, die so einen positiven Einfluss auf unser Land hat."
Nicht weit entfernt von rechtem Gedankengut zeigte sich unterdessen der türkische Doppeltorschütze Merih Demiral. Er feierte seinen zweiten Treffer mit dem in Österreich verbotenen Wolfsgruß, einem Handzeichen und Symbol der "Grauen Wölfe", die als nationalistisch und faschistisch gelten.
Keinen Grund zum Jubeln hatten die Österreicher. "Wenn man als bessere Mannschaft ausscheidet, tut das unglaublich weh", erklärte Philipp Lienhart. "Wir haben alles probiert, der Ball ist leider nicht reingegangen." Der Innenverteidiger ärgerte sich über die Gegentreffer: "Wenn man zwei Standard-Tore bekommt, ist das doppelt bitter."
Türkei gegen Niederlande im EM-Viertelfinale
Laut Florian Grillitsch fehlte der ÖFB-Auswahl "ein bisschen das Glück. Bei K.o.-Spielen gewinnt auch einmal die vermeintlich schlechtere Mannschaft." Das Ausscheiden sei "schwer zu akzeptieren", meinte der Hoffenheim-Profi. Teamchef Ralf Rangnick verzichtete nach dem Schlusspfiff auf eine ausführliche Ansprache, berichtete Grillitsch. "Es wäre auch nicht der richtige Moment gewesen, alles zu analysieren."
Arnautovic denkt ans Aufhören
"Es waren vier mega-unterhaltsame Spiele, mega-intensiv", gab Rangnick nach Spielende zu Protokoll. "Dagegen gab es andere Spiele, wo ich vor dem TV Mühe hatte, mich wach zu halten. Das war bei unseren Spielen nicht der Fall."
Marko Arnautovic denkt unterdessen ans Ende im ÖFB-Team. "Es ist sehr schade, so rauszugehen", meinte der 116-fache Teamspieler. Schon vor der EM hatte er angekündigt, nach dem Turnier über seine Zukunft in der ÖFB-Auswahl zu reflektieren. Dies wiederholte er auch am Dienstag. "Ich muss jetzt mal zu meiner Familie zurück und nachdenken, was weiter passiert. Es kann sein, dass es das letzte Mal für mich war. Ich muss es jetzt mal verkraften. Ich hoffe, dass ich die nächsten Tage zu mir kommen kann und dann werde ich eine Entscheidung treffen", kündigte der 35-Jährige an.
Die siegreiche Türkei trifft im EM-Viertelfinale nun auf die Niederlande.
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(Quelle: apa)