Österreichs Tennis-Männer haben als Außenseiter das Davis-Cup-Finalturnier in Bologna erreicht. Jurij Rodionov führte die ersatzgeschwächte ÖTV-Equipe mit zwei Einzelsiegen erstmals seit 2012 ins Viertelfinale. Den entscheidenden dritten Punkt zum 3:2-Endstand holte der 26-Jährige am Samstag auf Hartplatz in Debrecen mit einem überzeugenden 6:2,6:1-Erfolg gegen Routinier Marton Fucsovics. Zuvor hatten die Österreicher eine 2:0-Führung nach dem ersten Tag verspielt.
Lukas-Neumayer-Niederlage führt zu Ausgleich
Alexander Erler und Lucas Miedler mussten sich im Doppel Fabian Marozsan/Zsombor Piros mit 6:7(4),6:7(2) geschlagen geben. Lukas Neumayer unterlag im Anschluss im Einzel Piros 5:7,6:7(6). Im Entscheidungsmatch behielt Rodionov vor 3.000 Zuschauern in der halbvollen Fönix Arena aber die Nerven. "Es ist ein Traum, es fühlt sich nicht real an. Ich habe fast perfektes Tennis gespielt", meinte der Niederösterreicher. "Es war ein wirklich guter Moment, um das beste Tennis meines Lebens zu zeigen."
Rodionov dominierte gegen Fucsovics, der in der Weltrangliste als 59. ganze 99 Positionen vor ihm liegt, von Beginn an. Den ersten Satz entschied der ÖTV-Mann mit Breaks zum 2:1 und 5:2. Auch im zweiten Durchgang gelang ihm ein schnelles Break zum 1:0. Fucsovics stand damit zusehends unter Druck und musste riskieren. Rodionov legte nach, ließ bei 2:0 weitere Breakchancen aus, ehe er dem 33-Jährigen zum 4:1 neuerlich den Aufschlag abnahm.
Fucsovics, der Ende August beim US-Open-Vorbereitungsturnier in Winston-Salem seinen ersten Hartplatz-Titel auf der ATP-Tour geholt hatte, war mit seinem Latein am Ende. Im vierten Vergleich mit Rodionov musste er sich erstmals geschlagen geben. Der Österreicher nutzte nach lediglich 66 Minuten Spielzeit mit einer starken Vorhand seinen ersten Matchball. "Die letzte Stunde war definitiv das beste Tennis, das ich in diesem Jahr gespielt habe", meinte Rodionov. "Ich habe nichts Dummes gemacht, war immer bei mir."
Salzburger Neumayer von Beginn an unter Druck
Sein Dank galt seinem Team und allen seinen Unterstützern, die die Österreicher nach Debrecen begleitet hatten. "Sie haben mir einen mentalen Vorteil gegeben", erklärte der ÖTV-Matchwinner. "Ich habe das nicht erwartet. Ich bin einfach nur glücklich für mein Team, für mein Land, für die ganze Organisation. Ich bin glücklich, dass ich am Ende den Unterschied machen konnte und wir nach Bologna fahren können als Team."
Zuvor hatten die Ungarn den im Doppel stark aufgetretenen Piros kurzfristig auch im Einzel statt ihrer Nummer eins Marozsan zum Einsatz gebracht. Die Rechnung ging auf. Der 25-Jährige setzte den zwei Jahre jüngeren und in der Weltrangliste knapp hinter ihm auf Rang 173 liegenden Neumayer bei dessen Aufschlag von Beginn an unter Druck. Der Salzburger musste im ersten Satz bei 4:4 ein 0:40 aufholen und vier Breakchancen abwehren, ehe er das Game machte. Piros nahm ihm dann aber den Aufschlag zum 6:5 ab und servierte aus.
Auch im zweiten Durchgang zeigte der Ungar anfangs eine starke Aufschlagleistung. Neumayer hatte bei einer 4:3-Führung die ersten Breakchancen, ließ aber beide ungenützt. Danach waren Piros phasenweise die Strapazen des fast zweistündigen Doppel-Matches anzusehen, angetrieben vom Publikum kämpfte er sich aber ins Tiebreak. Dort wehrte Neumayer bei eigenem Aufschlag einen Matchball ab, ehe ihm ein unerzwungener Fehler ins Netz unterlief. Piros nutzte die Chance und stellte auf 2:2. "Es war wieder ein gutes Match, er hat die Energie aber sehr gut mitgenommen", meinte Neumayer, der in seinem vierten Davis-Cup-Einzel erstmals als Verlierer vom Platz ging.
Österreicher-Doppel verliert Tiebreak nach Führung
Erler/Miedler waren zuvor im Doppel zu favorisieren gewesen - auch wenn Österreichs Paradepaarung auf der Tour seit Oktober 2024 getrennte Wege geht. Die Österreicher glichen ein Break der Ungarn zum 3:2 im ersten Satz zum 4:4 aus. Bei 6:5 und 40:15 hatten Erler/Miedler bei Aufschlag Marozsan zwei Satzbälle, die Ungarn retteten sich aber mit vier Punkten in Folge ins Tiebreak. Auch dort lag das ÖTV-Duo 4:2 voran, Marozsan/Piros entschieden den Satz aber mit fünf Punkten in Serie zu ihren Gunsten.
Im zweiten Durchgang mussten die Österreicher bei 3:4 und Aufschlag Miedler einen heiklen Breakball abwehren. Ohne Aufschlagverlust eines Teams ging es erneut ins Tiebreak. Dort machten die Ungarn die ersten vier Punkte und blickten nicht mehr zurück. Beim Stand von 6:2 nutzte Piros den ersten von vier Matchbällen mit einem Volley. Erler/Miedler hatten davor ihre jüngsten sechs Davis-Cup-Doppel für sich entschieden. ÖTV-Kapitän Jürgen Melzer trauerte einer "Riesenchance" nach. "In den wichtigen Situationen waren die Ungarn besser."
Die Österreicher mussten im Osten Ungarns ohne ihre beiden besten Einzelspieler antreten. Sebastian Ofner hatte sich wegen körperlicher Probleme eine Auszeit genommen. Dazu musste mit Filip Misolic am Freitag kurzfristig auch noch die aktuelle Nummer eins krankheitsbedingt abreisen. Rodionov und Misolic-Ersatzmann Neumayer brachten die ÖTV-Auswahl dennoch mit überraschenden Drei-Satz-Siegen gegen die höher eingeschätzten Marozsan bzw. Fucsovics mit 2:0 in Führung.
Diese war die Basis, um Österreich erst zum fünften Mal in der Open Era ins Davis-Cup-Viertelfinale zu bringen. "Wir werden jetzt dann im Bus ordentlich feiern", kündigte Melzer im ORF an. Bei der bisher letzten Viertelfinal-Teilnahme als Spieler war der ÖTV-Sportdirektor noch als Spieler mit dabei. Das Final 8 geht von 18. bis 23. November über die Bühne. Die Auslosung erfolgt am Mittwoch (17. September, 12.00 Uhr) auf dem Piazza Maggiore im Stadtzentrum von Bologna.
(Quelle: apa)