Mitten in einer Zeit multipler Krisen wird in Salzburg in weniger als einem halben Jahr neu gewählt. Im Vorfeld des Wahlkampfes haben wir die jeweiligen Landesgeschäftsführer der im Landtag vertretenen Parteien zum Interview gebeten. Nach Nikolaus Glaser von den NEOS, Simon Heilig-Hofbauer von den Grünen und dem LGF der FPÖ, Hermann Kirchmeier, lest und hört ihr hier das Interview mit dem Landesparteigeschäftsführer der SPÖ, Gerald Forcher.
Sie sind seit Juni 2020 Landesgeschäftsführer der SPÖ – und sozusagen mitten in der Corona-Krise in diese Funktion eingestiegen. Was waren denn gerade in der Anfangszeit die größten Herausforderungen für Sie und auch für die SPÖ?
2020 waren es mehrere Herausforderungen, die gleichzeitig auf uns hineingeprasselt sind. Zunächst haben wir im Mai mit David Egger einen neuen Landesparteivorsitzenden bekommen. Gleichzeitig ist die Ära von Walter Steidl zu Ende gegangen. Die erste Herausforderung für uns war, wie wir aus der Salzburger SPÖ eine etwas andere SPÖ formen. David Egger hat seine eigenen Vorstellungen mitgebracht und bei einem neuen Landesparteivorsitzenden geht es darum, ihn auch bekannt zu machen. Und mit Corona – der zweiten großen Herausforderung – waren wir sehr eingeschränkt. Und wir haben das trotzdem relativ gut geschafft.
Sie haben einmal gesagt, Sie sind mit Leib und Seele Politiker. Als Landesparteigeschäftsführer, sind Sie aber eher Manager als Politiker. Bereuen Sie den Schritt?
Nein auf keinen Fall. Mit Leib und Seele Politiker ist man auch als Landesparteigeschäftsführer. Man glaubt gar nicht, was da alles auf einen zukommt. Und unpolitisch war ich eigentlich nie.
Schließen Sie eine Rückkehr in den Landtag aus?
Das schließe ich derzeit komplett aus.
Wie würden Sie die aktuelle Stimmung in der Landesorganisation beschreiben?
Bei uns herrscht eine sehr gute Stimmung, eine Aufbruchsstimmung. Dann haben wir einen äußerst erfolgreichen Landesparteitag hingelegt. Funktionärinnen und Funktionäre in hoher Anzahl sind gekommen und tragen die Ziele, die wir formuliert haben, jetzt auch in die Salzburger Bevölkerung. Wir haben auch keine Sommerpause eingelegt, weil wir den Drive, den wir derzeit verspüren unbedingt aufrechterhalten wollen. Wir sind mitten in den Vorbereitungen für die kommende Landtagswahl und ich hoffe, dass diese positive Stimmung, die vorherrscht, beibehalten können.
Wie ist das Verhältnis zur Bundes-SPÖ in Wien und im Speziellen zu SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner?
Ich habe einen regelmäßigen Kontakt zur Bundespartei. Wir haben regelmäßige Treffen. Pamela Rendi-Wagner war schon mehrmals in Salzburg zu Gast – auch beim Landesparteitag. Und grundsätzlich beschreibe ich unser Verhältnis als sehr gut.
Im April nächsten Jahres sind die Landtagswahlen, der Wahlkampf hat bereits begonnen. Wann startet die SPÖ in die heiße Phase?
Wir sind derzeit mitten in den Vorbereitungen für die Landtagswahl. David Egger hat beim Parteitag ein neues Statut beschließen lassen. Das heißt, wir machen jetzt erstmalig im Rahmen der Kandidatinnen- und Kandidatenfindung auch Hearings. Alle Kandidaten, die sich im vorderen Bereich aufstellen lassen, müssen sich im Bezirk einem Hearing stellen. Und wir sind auch mitten in den strategischen Vorbereitungen, wir haben unsere Auftaktkonferenz fixiert und werden ziemlich gut vorbereitet in diese Wahlauseinandersetzung hineinstarten.
Sollen eher Themen oder Personen im Mittelpunkt des Wahlkampfes stehen?
Das wird natürlich ein Mix werden. Neben unserem Spitzenkandidaten David Egger gibt es genug Themen, die die Salzburgerinnen und Salzburger beschäftigen. Das fängt bei der Inflation und der Teuerung an, das unser Topthema ist und um das wir uns im Speziellen kümmern werden. Darüber hinaus werden wir Themen wie Verkehr, die Arbeits- und Einkommenssituation der Salzburgerinnen und Salzburger und den Wohnungsmarkt aufgreifen. Und auch Umwelt- und Klimaschutz ist in der Sozialdemokratie ein Thema. Beides verknüpfen wir mit der Regionalität, weil wir sagen, dass Umwelt- und Klimaschutz im Kleinen anfängt.
Wie will man die Menschen in Salzburg erreichen – für welche Wahlkampfstrategie hat sich die SPÖ festgelegt? Und auf welche Kanäle setzt man?
Wir werden einen ziemlich sparsamen Wahlkampf führen. Inserate und Plakate sind ja nicht gerade billig. Das heißt, wir werden einen großen Schwerpunkt darauf setzen, dass unser Spitzenkandidat mit dem Team sehr viel in unserem Bundesland unterwegs sein wird und den persönlichen Kontakt zu den Salzburgerinnen und Salzburgern suchen wird. Es wird Verteilungsaktionen in allen Bezirken geben und wir werden uns vor die sogenannten Hotspots stellen. Nichtsdestotrotz wird man ohne Plakate nicht auskommen, aber das ist sicher nicht unser Schwerpunkt.
Wie viel lässt sich die Salzburger SPÖ den sparsamen Wahlkampf denn kosten?
Wir haben beschlossen, dass wir nicht mehr als 650.000 Euro ausgeben werden, das ist für uns die Höchstgrenze.
Bei der Landtagswahl 2018 hat die SPÖ mit 20 Prozent das bislang schlechteste Wahlergebnis eingefahren. Aktuelle Umfragen sehen sie jetzt sogar vor der ÖVP. Was ist passiert?
Umfragen sind Umfragen, davon lassen wir uns nicht beeinflussen. Wir arbeiten unser Programm streng nach Plan ab und am 23. April wird man dann sehen, welches Urteil die Salzburgerinnen und Salzburger getroffen haben.
Also spüren Sie einen Aufschwung?
Weil wir schon jetzt sehr viel unterwegs sind, bekommen wir schon mit, dass die Salzburgerinnen und Salzburger Hoffnungen in die Sozialdemokratie setzen. Das ist für uns nicht nur in Salzburg spürbar, sondern auch auf der Bundesebene. Wir haben sehr lange keinen Rückenwind aus Wien verspürt, jetzt haben wir diesen Rückenwind. Es ist so, dass wir wirklich immer bei unseren Lösungsvorschlägen geblieben sind. Das kommt bei den Menschen auch dementsprechend an und es wird honoriert. Die Stimmung ist schon eine sehr positive.
Erhebt die SPÖ den Anspruch auf den Landeshauptmann-Sessel?
Wir waren schon Landeshauptfrau mit Gabi Burgstaller. Wenn ich jetzt als Landesgeschäftsführer sagen würde, das ist nicht unser Anspruch, dann wäre ich wahrscheinlich fehl am Platz. Wir sind derzeit seit zehn Jahren in der Opposition. Und es ist natürlich unser Anspruch und unser Wunsch, gestalten zu können. Das kann man dann, wenn man in Regierungsverantwortung ist.
David Egger ist gerade einmal 35 Jahre alt, bei der Angelobung nächstes Jahr wäre 36 Jahre. Fehlt ihm da nicht die nötige Erfahrung für das Amt eines Landeshauptmannes?
Absolut nicht. David Egger ist absolut dafür geeignet. Wir bekommen sehr positive Rückmeldungen. David Egger weiß, was es heißt, jeden Tag arbeiten gehen zu müssen, er kommt aus der Privatwirtschaft und ist kein typischer Parteifunktionär. Er ist auf alle Fälle in der Lage, Landeshauptmann zu werden und ich bin überzeugt, dass er diesen Job grandios erfüllen wird.
Was muss ein Landeshauptmann ihrer Meinung nach für das Amt mitbringen?
Das ist eine riesengroße Verantwortung. Wir haben derzeit viele Fragen, die die Bevölkerung verunsichern. Ich bin mir sicher, dass die SPÖ die richtigen Antworten auf diese Fragen hat.
Die Wahlbeteiligung bei der Landtagswahl 2018 war auf einem historischen Tiefstand (64,96 Prozent). Was können die wahlwerbenden Parteien insgesamt tun, um die Menschen zu mobilisieren?
Demokratie ist etwas extrem wichtiges, aber auf keinen Fall selbstverständlich. Wenn man sich die aktuellen Entwicklungen in Russland anschaut, wie still und heimlich sich das Land jetzt in eine Diktatur verwandelt hat, dann muss uns allen bewusst sein, dass das nichts Selbstverständliches ist und es ein ganz großes Privileg ist, an freien Wahlen teilnehmen zu können. Wir wissen aus eigener Erfahrung, dass es auf jede einzelne Stimme ankommt. Wir werden alles tun, um zu mobilisieren.
Woher kommt die zunehmende Politikverdrossenheit vor allem bei den jungen Menschen und wie kann die Politik bzw. auch die Gesellschaft insgesamt dem entgegenwirken?
Einerseits Politik verständlicher und greifbarer machen und den direkten Kontakt zu den jungen Menschen suchen. Wir haben da einen Vorteil mit David Egger. Denn im Verhältnis zu unserem Landeshauptmann ist er noch sehr jung. Das heißt, er hat ein gutes Sprachrohr zu den Jugendlichen. Man muss die Jungen dort abholen, wo sie sind. Das heißt, wir verschließen uns als Salzburger SPÖ dem Social Media Bereich, den neuen Trend-Medien, sicherlich nicht. Die werden auch beim Wahlkampf eine entsprechende Rolle spielen. Die Politikverdrossenheit entsteht dann, wenn sich Menschen nicht ernst genommen fühlen. Und wenn die Politik die jungen Menschen und deren Anliegen ernst nimmt, wird es auch keine Politikverdrossenheit mehr geben.
Vielen Dank für das Gespräch.
(Quelle: salzburg24)