Blick nach Freilassing

Erste Cannabis Social Clubs in Bayern in Startlöchern

Veröffentlicht: 19. April 2024 14:19 Uhr
Deutschlands Cannabis-Teillegalisierung spaltet die Gemüter. Während unmittelbar hinter der Salzburger Grenze erste Cannabis Social Clubs zum gemeinsamen Anbau aus dem Boden sprießen, hat die Landesregierung ein Kiff-Verbot für Volksfeste und Biergärten beschlossen. Mittlerweile gibt es auch erste Details zu Cannabis-Vergehen im Straßenverkehr.

Cannabis ist in Deutschland bekanntlich seit fast drei Wochen teillegalisiert und im Betäubungsmittelgesetz von der Liste der verbotenen Substanzen gestrichen worden. Zwei Wege gibt es künftig in unserem Nachbarland, um an legales Cannabis zu kommen. Entweder wird Zuhause angebaut: Drei Pflanzen sind maximal erlaubt. Es darf ausschließlich zum Eigenkonsum geerntet werden und nicht zur Weitergabe an andere. Daher müssen Pflanzen, Samen und getrocknetes Cannabis gegen Diebstahl und vor dem Zugriff von Kindern geschützt werden.

Oder Konsumentinnen und Konsumenten beziehen das Marihuana über sogenannte Cannabis Social Clubs, die mit dem gemeinschaftlichen Anbau allerdings erst mit 1. Juli beginnen können. Das bedeutet zwangsläufig, dass das aktuell im Umlauf befindliche Marihuana noch aus illegalen Quellen stammt.

Großes Interesse an Cannabis Social Clubs

In den unmittelbar an Salzburg angrenzenden bayerischen Gemeinden Freilassing, Laufen und Bad Reichenhall stehen indes die ersten Cannabis Social Clubs in den Startlöchern. Während erste Vereine bereits eingetragen wurden, müssen andere noch offiziell gegründet werden und um eine Lizenz ansuchen.

Etwa 300 Anfragen von potenziellen Mitgliedern zählt derzeit der Cannabis Social Club Freilassing. "Bis Ende Mai sollten wir voll sein, weil die Mitgliederaufnahme ohnehin auf 500 Mitglieder begrenzt ist", erklärt Vereinsvorstand Patrik Hirz am Freitag gegenüber SALZBURG24. Die Anbauvereinigung diene denjenigen, die keine Möglichkeit haben, Cannabis zu Hause anzubauen und denen möglicherweise auch das nötige Wissen fehlt. Der Andrang und das Interesse in der Bevölkerung sei jedenfalls groß. Für die Mitglieder ist es verpflichtend im Verein mitzuwirken. Ein eigenes Konzept dafür sei aktuell in Ausarbeitung.

Auflagen für Anbauvereinigungen

Für Cannabis Social Clubs gibt es eine Reihe an Auflagen. Die eingetragenen Vereine müssen gemeinnützig sein und dürfen nicht gewinnorientiert agieren. Vereinsmitglieder dürfen im bestimmten Rahmen selbst anbauen und die Ernte mit anderen Mitgliedern tauschen, die ihren Hauptwohnsitz übrigens allesamt zwingend in Deutschland haben müssen – andernfalls ist eine Mitgliedschaft in solchen Vereinen unmöglich. Damit dürfen sich ausschließlich Salzburger:innen mit einem Wohnsitz in Deutschland in einem Club registrieren.

Hürden für Mitgliedschaft

Beim Cannabis-Club Freilassing müssen sich die Mitglieder beim Vereinsgebäude mit ihrem Lichtbildausweis verifizieren – "nur dann ist eine Mitgliedschaft überhaupt möglich", sagt Hirz. Das Mindestalter beim Verein in Freilassing ist 21 Jahre, andere Vereine machen die Mitgliedschaft ab 18 Jahren möglich. "Kinder und Jugendschutz, sowie die Suchtprävention stehen bei uns an oberster Stelle" betont Hirz und führt aus: "Wir arbeiten mit der Suchtberatung in Bad Reichenhall und Traunstein zusammen sowie mit der Kriminalpolizei Freilassing." Daher behält sich der Verein vor, die Mitglieder selbst auszusuchen.

Fachleuten zufolge birgt der Cannabis-Konsum bis zum Alter von 25 Jahren aufgrund des noch anhaltenden Reifeprozesses des Gehirns besondere Risiken für psychische, physische und soziale Beeinträchtigungen.

Vereinsheim mit Anbaufläche in Freilassing

Das Vereinsheim in Freilassing hat drei Etagen inklusive Keller. Das sei eine ca. 1.000 Quadratmeter große Anbaufläche, die sich in verschiedene Räume unterteile. Werbung ist den Cannabis Clubs grundsätzlich untersagt.

Cannabis Social Club Freilassing Cannabis Social Club Freilassing e.V.
Das Vereinsheim vom Cannabis Social Club Freilassing.

Das Gebäude des Vereinssitzes darf nur eine sachliche Beschriftung haben und darf nicht auffällig sein. Schon kleine Verstöße oder Unklarheiten können dazu führen, dass der Cannabis-Verein geschlossen werden muss. Bayern Gesundheitsministerium kündigte bereits im Vorfeld "engmaschige Kontrollen" in Cannabis Social Clubs an.

Grenzwerte fürs Autofahren

Hoher Cannabiskonsum am Steuer soll künftig mit einer Geldbuße von bis zu 3.500 Euro als Ordnungswidrigkeit bestraft werden. Der THC-Grenzwert soll in Hinsicht auf das Fahrrisiko etwa dem von 0,2 Promille Alkohol im Blut gleichen – das entspricht mehr als 3,5 Nanogramm je Milliliter im Blut. Damit folge die deutsche Bundesregierung einer Kommission aus Fachleuten, die den Grenzwert und das Verbot von Mischkonsum im Straßenverkehr empfohlen hatte. Wenn Gelegenheitskonsument:innen einen Joint mit etwa 0,3 Gramm Cannabis (10 Prozent THC) rauchen, liegen zehn von elf Proband:innen erst acht Stunden später unter 1 ng/ml. Jene, die regelmäßig Marihuana konsumieren, haben oftmals einen Wert um 3 ng/ml im Blut.

Schwerpunktkontrollen in Salzburg angekündigt

Stichwort Kontrolle: Während in Deutschland nun legale Joints gerollt werden dürfen, ist und bleibt der Besitz von Cannabis in Österreich strafbar. Unlängst kündigte die Salzburger Landesregierung Schwerpunktkontrollen im Grenzraum an. Mit Deutschland gleichzuziehen und auch hierzulande eine Legalisierung zu forcieren, lehnte LHStv. Marlene Svazek mit Hinblick auf den Jugendschutz und Sicherheit im Straßenverkehr wiederholt strikt ab. In Salzburg machten sich kürzlich die NEOS stark für eine Cannabis-Legalisierung, nicht zuletzt wegen befürchteter Staus aufgrund verstärkter Kontrollmaßnahmen: Marihuana soll nach NEOS-Ansicht in Trafiken oder Apotheken gekauft werden können

Bayern stellt eigene Cannabis-Regeln auf

Zurück ins benachbarte Bayern: Im Zuge der deutschen Cannabis-Teillegalisierung geht der Freistaat einen Sonderweg. Die deutschlandweite Teil-Legalisierung konnte trotz langen und erbitterten Widerstands am Ende nicht verhindert werden können. Kiffen auf Volksfesten und in Biergärten ist in Bayern komplett verboten. Zudem sollen Kommunen die Möglichkeit bekommen, den Cannabis-Konsum in bestimmten Bereichen zu untersagen, beispielsweise in Freibädern und Freizeitparks.

Cannabis-Produkte in Bayern sollen zudem grundsätzlich vom gesetzlichen Rauchverbot umfasst werden, das ohnehin in Innenräumen unter anderem von öffentlichen Gebäuden, Gaststätten und Kultur- und Freizeiteinrichtungen gilt. Zudem will die Staatsregierung das Kiffen sogar in ausgewiesenen Raucherräumen und Raucherbereichen verbieten – und vor allem auch in Außenbereichen von Gaststätten und Cafés sowie in Biergärten.

Wie viel Cannabis ist erlaubt?

Grundsätzlich dürfen Erwachsene in Deutschland bis zu 25 Gramm Marihuana in der Öffentlichkeit bei sich haben. In den eigenen vier Wänden ist der Besitz von bis zu 50 Gramm getrocknetem Cannabis erlaubt. Überschreitungen der erlaubten Mengen werden als Ordnungswidrigkeit geahndet. Auf den Besitz größerer Mengen steht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Verboten ist der öffentliche Cannabis-Konsum in "in unmittelbarer Gegenwart" von unter 18-Jährigen, ebenso in Fußgängerzonen von 7 bis 20 Uhr. Das Kiffen ist zudem auf Spielplätzen, in Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Sportstätten und jeweils in Sichtweite davon – in 100 Metern Luftlinie um den Eingangsbereich – untersagt.

Anzeige für den Anbieter APA Infografik über den Consent-Anbieter verweigert

Deutschlands Cannabis-Teillegalisierung spaltet die Gemüter – egal auf welcher Seite der Saalach. Ob Regelungen in Bayern oder Schwerpunktkontrollen in Salzburg, das umstrittene Thema dürfte uns noch länger begleiten.

(Quelle: salzburg24)

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