Der heutige Aschermittwoch markiert den Beginn der christlichen Fastenzeit. Ob gläubig oder nicht – viele Menschen üben sich in den 40 Tagen bis Ostern im Verzicht. Fleisch, Süßigkeiten und Alkohol zählen hierzulande wohl zu den häufigsten Verlockungen, von denen sich in dieser Zeit enthalten wird. Und mit "Digital Detox" gibt es unlängst eine weitere bekannte Form des Fastens. Damit soll die Abhängigkeit von Smartphones verringert werden, um das geistige Wohlbefinden zu verbessern und sich bewusster aufs reale Leben zu konzentrieren.
Der ständige Blick aufs Smartphone
Für die ständige Erreichbarkeit ist das Smartphone für die meisten von uns der tägliche Begleiter – sei es im praktischen Tragegurt, in der Hosentasche oder wenn es einfach nur vor uns auf dem Tisch liegt. Den Drang aufs Display zu schauen, obwohl es gar nichts Neues gibt, kennen wahrscheinlich viele. Bei einer nicht repräsentativen S24-Umfrage gab etwa die Hälfte der über 2.500 Befragten vor einer Woche an, manchmal bewusst aufs Smartphone zu verzichten. Anders ausgedrückt: Die andere Hälfte denkt gar nicht daran, das Handy aus der Hand zu legen.
Internationalen Studien zufolge schauen die Menschen durchschnittlich alle elf Minuten auf ihr Handy, also über 80 Mal pro Tag. Bei besonders intensiven Nutzer:innen kann die Zahl deutlich höher sein: Schätzungen deuten auf 150 und mehr tägliche Interaktionen mit dem Smartphone hin. Erwachsene in Deutschland schauen durchschnittlich drei bis vier Stunden am Tag aufs Handydisplay, wie eine Studie im Vorjahr herausarbeitete.
Handy-Nutzung massiv zugenommen
Zwar gibt es für Österreich bislang keine aktuellen Zahlen, dafür zeichnet Akzente Salzburg ein düsteres Bild: Die Corona-Pandemie habe der Entwicklung einen weiteren Schub gegeben, erklärt Gerald Brandtner, Leiter der Fachstelle Suchtprävention, am Mittwoch gegenüber SALZBURG24: "Die gesellschaftlichen Einschränkungen der Pandemie hatten unmittelbare Folgen auf die Smartphone-Nutzung vieler Menschen." Vor allem junge Menschen seien davon betroffen. Trotz der Möglichkeit, über soziale Medien und Messenger-Apps in Kontakt zu bleiben, hat die übermäßige Nutzung von Smartphones mitunter zu sozialer Isolation geführt. Exzessive Nutzer:innen können sich physisch von ihrer unmittelbaren Umgebung und den Menschen um sie herum distanzieren. "Smartphone-Konsum durchs Chatten, Internetsurfen und Spielen hat stark zugenommen", weiß Brandtner und ergänzt: "Bei bereits dafür anfälligen Jugendlichen gab es eine Zunahme um 74 Prozent."
Diese Entwicklung dürfte keineswegs nur junge und heranwachsende Menschen betreffen – auch Ältere sind davon nicht gefeit. Stellt euch einfach mal selbst die Frage: Was ist das Letzte, was ihr vor dem Schlafengehen aus der Hand legt und was ist das Erste, was ihr nach dem Aufwachen macht, wenn das Smartphone nicht eh schon der Wecker ist?
Wann aus Gewohnheit eine Sucht wird
Die Grenze zwischen einer Gewohnheit und Sucht kann fließend sein. Problematisch wird es – für sich selbst und auch die Angehörigen sowie Freund:innen –, "wenn es nicht mehr möglich ist, den Smartphone-Konsum selbstständig einzuschränken und die Nutzung nicht mehr unter Kontrolle ist", führt Brandtner von der Suchtprävention aus. Ein weiteres Kennzeichen sei die sogenannte Gefühlsregulation. "Das zeigt sich dann, wenn ich unbedingt das Smartphone brauche, um bessere Laune zu bekommen." Die Erwartung auf etwas Positives, wie eine Nachricht oder Neuigkeiten, schüttet Dopamin im Körper aus, zumal viele Menschen einfach keine Langeweile mögen. Ein Smartphone kann dieses Bedürfnis stillen.
Wichtig zu betonen ist dabei, dass natürlich nicht jede:r, der:die viel Zeit mit dem Smartphone verbringt, gleichzeitig süchtig ist. Die Unterscheidung liegt in der Art und Weise, wie die Nutzung das eigene Leben beeinflusst. Es sei zudem immer ein Zusammenspiel aus mehreren Faktoren, betont Suchtexperte Brandtner.
Warnzeichen bei problematischer Nutzung
Angehörige und Freund:innen können auf sogenannte "Red Flags", also Warnzeichen, achten. Die spätabendliche oder nächtliche Nutzung von Smartphones führt zu weniger Schlaf, erhöhter Müdigkeit und sinkender Leistungsfähigkeit. "Das beeinträchtigt nicht nur die individuelle Gesundheit, sondern hat auch negative Auswirkungen auf schulische und berufliche Leistungen sowie auf soziale Kontakte und Hobbys", schildert Brandtner. Fachleute empfehlen, bei anhaltenden Problemen professionelle Hilfe zu suchen. Folgende Schlüsselindikatoren deuten darauf hin, dass die Smartphone-Nutzung zu einer Sucht geworden ist:
- Kontrollverlust: Die Unfähigkeit, die Nutzungsdauer oder -häufigkeit zu reduzieren, auch wenn der Wunsch besteht, das zu tun.
- Entzugserscheinungen: Angst, Reizbarkeit oder Unruhe, wenn das Smartphone nicht verfügbar ist oder die Nutzung eingeschränkt wird.
- Vernachlässigung anderer Aktivitäten: Die zunehmende Vernachlässigung von Hobbys, Interessen und wichtigen Aktivitäten zugunsten der Smartphone-Nutzung.
- Negative Auswirkungen aufs persönliche Leben: Probleme in Beziehungen, bei der Arbeit oder in der Schule aufgrund exzessiver Smartphone-Nutzung.
- Verleugnung: Die Unfähigkeit oder Weigerung, das Ausmaß der Smartphone-Abhängigkeit und ihre negativen Konsequenzen zu erkennen oder zuzugeben.
- Toleranzentwicklung: Das Bedürfnis, immer mehr Zeit auf dem Smartphone zu verbringen, um Zufriedenheit oder Entspannung zu erreichen.
- Flucht vor Realität: Smartphone-Nutzung, um sich von persönlichen Problemen oder negativen Gefühlen zu distanzieren.
In einer Welt, die ständig online ist, hat sich das Smartphone längst zum ständigen Begleiter entwickelt. Durch Handys sind wir jederzeit und überall erreichbar – und haben dadurch ständigen Zugriff auf allerlei Informationen und weltweite Nachrichten. Aber mehr ist eben nicht immer besser, heißt es doch so schön. "Vom Deaktivieren der Benachrichtigungen über festgelegte Verbote im Haushalt bis zu bestimmten Zeiten, die in der Familie für die Smartphone-Nutzung festgelegt werden, gibt es eine Reihe an Möglichkeiten den eigenen Konsum zu reduzieren."
Altes Handy ohne Internetzugang
Und falls noch ein altes Handy ohne Internetverbindung für verlockende Apps in eurer Schublade liegen sollte, könnt ihr das fast schon antike Kommunikationsgerät reaktivieren. Das Smartphone-Fasten setzt genau hier an, denn es beschränkt das Gerät auf seine Grundfunktion des Telefonierens – ohne weitere Ablenkungen oder Verlockungen.
Es gibt weitere Strategien, um das Gehirn auszutricksen und dem Drang zu widerstehen, ständig aufs Smartphone zu schauen.
- Benachrichtigungen ausschalten: Schaltet nicht-essentielle Push-Benachrichtigungen aus, denn das reduziert die Anzahl der Ablenkungen und die Notwendigkeit, sofort darauf zu reagieren. Das Gerät kann zudem stummgeschaltet und der Vibrationsalarm ausgeschaltet werden. Bestimmte Telefonfunktionen können auch für einen Zeitraum gesperrt werden.
- Bestimmte Zeiten festlegen: Legt spezifische Tageszeiten fest, zu denen ihr euer Smartphone checkt. Außerhalb dieser Zeiten bleibt das Gerät außer Reichweite oder im Ruhe- bzw. Flugmodus.
- Alternative Beschäftigungen finden: Ersetzt die Zeit, die ihr normalerweise am Smartphone verbringt, durch andere Aktivitäten.
- Nutzung von Apps zur Überwachung der Bildschirmzeit: Installiert Apps, die eure Bildschirmzeit überwachen und dabei helfen, Limits für die Nutzung festzulegen.
- Gewohnheiten ändern: Ersetzt die Gewohnheit, nach dem Smartphone zu greifen, durch eine andere Handlung. Zum Beispiel könntet ihr einen Stressball drücken, einen Spaziergang machen oder tiefe Atemübungen durchführen, wenn ihr den Drang verspürt, das Smartphone zu nutzen.
- Gerät außer Sichtweite halten: Bewahrt euer Smartphone an einem Ort auf, der nicht sofort sichtbar oder erreichbar ist, besonders während der Arbeit, beim Essen und Schlafen.
- Armbanduhr statt Smartphone: Viele schauen nur kurz aufs Smartphone, um die Uhrzeit zu checken, bleiben dann aber vor dem kleinen Bildschirm hängen. Abhilfe kann eine Armbanduhr schaffen.
- Digitale Ruhezonen einrichten: Definiert Bereiche in eurem Zuhause, wie das Schlafzimmer oder den Esstisch, als digitale Ruhezonen, in denen Smartphones nicht erlaubt sind.
- Schlafhygiene verbessern: Vermeidet die Nutzung des Smartphones mindestens eine Stunde vor dem Schlafengehen, um die Schlafqualität zu verbessern. Nutzt stattdessen Entspannungstechniken oder lest ein Buch. Eine US-Studie aus dem Jahr 2017 hat unter der Bezeichnung "Brain Drain" gezeigt, dass allein die Anwesenheit eines Smartphones zur Verringerung der Aufmerksamkeit und Konzentration führen.
- Soziale Interaktionen priorisieren: Konzentriert euch auf echte soziale Interaktionen anstatt auf virtuelle. Verabredet euch persönlich mit Freund:innen und Familie, anstatt nur online zu kommunizieren.
Wichtig ist, sich regelmäßig ins Bewusstsein zu rufen, dass es vollkommen in Ordnung und sogar gesund ist, sich zeitweise vom Smartphone zu lösen und nicht durchgehend erreichbar zu sein. Solche Auszeiten sind mitentscheidend für unser Wohlbefinden. Dabei bedeutet dies nicht, dass man gänzlich auf das Handy verzichten muss – die Kunst liegt in der moderaten Nutzung. Schließlich gibt es viele nützliche Apps, die uns das Leben durchaus erleichtern können. Aber der zeitweise Verzicht aufs Smartphone kann eben sehr wohltuend wirken.
(Quelle: salzburg24)