Aus für Kollektivverträge

Lieferando-Kündigungen treffen 73 Kuriere in Salzburg

Nach dem Stillstand bei den KV-Verhandlungen haben Fahrradkuriere in Salzburg demonstriert.
Veröffentlicht: 19. März 2025 11:16 Uhr
Der Wechsel von einer Anstellung auf einen freien Dienstvertrag steht österreichweit fast 1.000 Zusteller:innen von Lieferando bevor. Für 77 Beschäftigte in Salzburg bedeute das herbe Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen und den Verlust zahlreicher Ansprüche, so die Gewerkschaft. Der Schritt könnte eine Signalwirkung für andere Branchen haben.

Der Kampf um einen Kollektivvertrag (KV) für Fahrrad-Kuriere, der sich mittlerweile seit vergangenem Frühling zieht, ist um ein Kapitel reicher: Der Branchenriese Lieferando will 966 fest angestellte Zusteller:innen kündigen und auf freie Dienstverträge umstellen, wie am Dienstag bekannt wurde.

73 Lieferando-Kuriere in Salzburg betroffen

In Salzburg sind davon 77 Personen betroffen – vier davon in administrativen Tätigkeiten, der Rest als Fahrradkuriere, wie der Betriebsratsvorsitzende Fabian Warzilek im Gespräch mit SALZBURG24 am Mittwoch erklärt. "Was vom Unternehmen als Umstellung dargestellt wird, kommt aber eigentlich einer Betriebsschließung gleich", erklärt er. Lieferando würde mit diesem Schritt das operative Geschäft in Österreich mit 31. Juli 2025 einstellen – vorstellbar ist für Warzilek, dass daraufhin eine Sub-Firma zur Abwicklung der Werkverträge gegründet wird.

Die Arbeitnehmer:innen bei Lieferando hatten durch die Festanstellungen Anspruch auf bezahlten Urlaub, Weihnachtsgeld, Zuschläge für Sonntagsarbeit und Entlohnung auch im Krankheitsfall. All diese Ansprüche fallen mit dem anstehenden Schritt weg. "Man muss festhalten, dass sich Lieferando immer bemüht hat, ein sozialer Arbeitgeber zu sein", so der Betriebsrat und weiter: "Auch die österreichischen Geschäftsführer haben vor dem Mutterkonzern immer für faire Arbeitsbedingungen gekämpft." Das Unternehmen sei in der Branche eine Art Leuchtturm gewesen, setzen die Konkurrenten Foodora und Wolt doch generell auf Werkverträge.

Lieferando-Betriebsrat warnt vor Verschärfungen in anderen Branchen

Der Betriebsratsvorsitzende nimmt angesichts dieser Entwicklung auch die Politik in die Pflicht: "Wir haben vor den prekären Verhältnissen von freien Dienstnehmer immer wieder gewarnt, als es jetzt so weit gekommen ist, war die Überraschung aber trotzdem scheinbar groß." Man dürfe die Entwicklungen nicht nur aus Sicht der rund 4.500 Fahrradbot:innen in Österreich – 2.000 davon nach KV angestellt – betrachten. "Das könnte den Stein auch in anderen Branchen ins Rollen bringen und Verschlechterungen für viele Arbeitnehmer:innen bedeuten. In kaum einer anderen Branche gibt es keine freien Dienstnehmer – sei es Reinigung, Logistik oder auch Pflege." Es sei laut dem Betriebsratsvorsitzenden ein Leichtes, sich den Schritt von Lieferando abzuschauen und auf Werkverträge statt Festanstellungen zu setzen.

Als der Kollektivvertrag für Fahrradbotinnen und -Boten hierzulande im Jahr 2020 als erster weltweit beschlossen wurde, war die Freude der Sozialpartner groß. Mittlerweile sei der Kollektivvertrag aber umstritten, biete dieser lediglich Vollzeitlöhne nahe der Armutsgrenze, erklärt Markus Petritsch, Vorsitzender des vida-Fachbereichs Straße. Dementsprechend hart wurde seit mittlerweile Monaten um einen neuen KV gekämpft. Auch um mehr Beschäftigte aus den prekären Arbeitsverhältnissen der freien Dienstverträge zu bringen.

Erbitterter Kampf um Boten-KV: Streiks auch in Salzburg

Mitten in diesem Kampf habe sich Lieferando laut eigenen Angaben nun dazu entschieden, "das Logistikmodell an den österreichischen Branchenstandard anzugleichen", wie Unternehmenssprecherin Katrin Wala gegenüber der APA erklärt. Für den Lieferdienst habe sich durch seine Vorreiterstellung ein Wettbewerbsnachteil ergeben, heißt es in einer Stellungnahme. Nach Streiks der Zusteller:innen in Wien, Graz, Klagenfurt, Innsbruck und der Stadt Salzburg im Vorjahr sei man den KV-Forderungen entgegengekommen. Vergleichbare Beschäftigungsmodelle für alle Markteilnehmenden, die man gefordert habe, seien aber nicht gekommen.

"Es stimmt schon, die Konkurrenz ist enorm und von fair konnte man in dem Wettbewerb kaum sprechen. So hat letztendlich auch das Nichtstun der Politik diesen Schritt im Sinne der Wirtschaftlichkeit von Lieferando offenbar nötig gemacht", erklärt Warzilek. Es gelte jetzt für die neue Bundesregierung generell Maßnahmen zu setzen, um Beschäftigte, freie Dienstnehmer:innen und Einzelunternehmer:innen besser zu schützen – gerade wenn diese für internationale Plattformanbieter tätig sind.

(Quelle: salzburg24)

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