Johanna Fellinger hat im März die Leitung der Salzburger Kinder- und Jugendanwaltschaft (kija) übernommen. Mit ihrer Vorgängerin Andrea Holz-Dahrenstaedt will sich die Tennengauerin nicht direkt vergleichen, stattdessen will sie mit ihrem Team „ihr Ding“ machen, verrät sie bei einem Pressegespräch am Donnerstag. Allem voran sollen die Kinderarmut und die Zunahme bei den Mobbing-Fällen an Schulen bekämpft werden.
Kinderarmut erst an Schulen sichtbar
Alle Kinder haben die gleichen Rechte und sollten demnach auch gleiche Chancen haben. Die Realität sieht aber anders aus. „88.000 Kinder und Jugendliche sind in Österreich von absoluten Armutslagen betroffen“, beruft sich kija-Pädagoge Sebastian Burger auf Daten der Statistik Austria und führt weiter aus: „Aber jedes Kind ist eines zu viel.“ Die Armut sei lange unsichtbar, nicht aber in Schulen. Denn dort falle es auf, wer sich die Schulskiwoche nicht leisten kann und wer im Sommer noch mit den Winterstiefeln unterwegs ist, so Burger.
Geflüchtete Kinder und Jugendliche treffe die Chancenungleichheit besonders hart, erinnert Fellinger am heutigen Weltflüchtlingstag. Sie werden oftmals in Flüchtlingsquartieren untergebracht, anstatt von der Salzburger Kinder- und Jugendhilfe betreut zu werden. Jugendliche, die in der Grundversorgung zusätzlich Geld aus z. B. einem Lehrverhältnis verdienen, können sich nur einen Teil ihres Einkommens behalten, so die kija-Leiterin. Deshalb fordert die kija unter anderem Gratis-Öffis bis 15 Jahre, kostenlose Freizeitangebote und den Ausbau von Sportvereinen.
499 Mobbing-Fälle an Salzburger Schulen dokumentiert
„Kinder und Jugendliche müssen ernst genommen werden, und das in allen Bereichen. Auch in der Schule“, fügt kija-Psychologin Janina Schönleben hinzu. Die Schule sei kein Ort der reinen Aufbewahrung oder der Wissensvermittlung, sondern auch der Sozialisierung.
Die vermehrten Fälle von Mobbing, Bossing und Cybermobbing – 499 Einzelfälle wurden im Vorjahr von der Salzburger Kinder- und Jugendanwaltschaft registriert – führen auch zu einem Anstieg von Suspendierungen. Und das ist „häufig der Schritt in die komplette Schulverweigerung“, weiß Schönleben. Die Forderung: Mit Gesundheitsteams bestehend aus u. a. Sozialarbeiter:innen, Ärzt:innen und Psycholog:innen, könne Mobbing und Gewalt an Schulen niederschwellig und vorzeitig abgefangen werden.
Kija fordert Verankerung der UN-Kinderrechte
Wenig Verständnis zeigt Fellinger dementsprechend beim „Bashing gegen die Jungen“. In der kija bekomme man oft „die Jungen haben keine Visionen mehr“ und „Kindern sollen lieber ihre Pflichten beigebracht werden“ zu hören. „Das Gegenteil von Recht ist aber nicht Pflicht, sondern Unrecht. Und nur ein Bewusstsein über Rechte kann das Bewusstsein über Pflichten gegenüber anderen stärken“, so Fellinger. Deshalb stehe für sie die Aufklärung der Kinderrechte auch im Fokus.
Aber was fällt alles ins Kinderrecht – und in welchem Bereich erfahren Kinder und Jugendliche hierzulande am häufigsten Unrecht? Die UN-Kinderrechtskonvention basiert auf vier Grundprinzipien und umfasst rund 40 Rechte für alle unter 18 Jahren.
Grundprinzipien der UN-Kinderrechtskonvention
- Diskriminierungsverbot: Alle Kinder haben die gleichen Rechte. Kein Kind darf benachteiligt werden.
- Kindeswohl: Bei Entscheidungen, die Kinder betreffen, hat das Kindeswohl Vorrang.
- Entwicklung: Alle Kinder haben ein Recht auf Leben, Existenzsicherung und bestmögliche Entfaltungsmöglichkeiten.
- Beteiligung: Kindern muss das Recht zugesichert werden, bei Entscheidungen, die sie selbst betreffen, ihre Meinung frei zu äußern.
Von den rund 40 Kinderrechten wurden laut der Kinder- und Jugendlobby in Österreich bisher nur eine Handvoll gesetzlich verankert. Nicht umgesetzt wurde zum Beispiel das Recht auf bestmögliche Gesundheit oder auf Spiel und Freizeit. Die Kinder- und Jugendanwaltschat fordert deshalb, dass die UN-Kinderrechtskonvention vollständig im Gesetz verankert wird, damit diese in Österreich unmittelbar gelten.
(Quelle: salzburg24)