Die Ansprüche an Schüler:innen und ihre Herausforderungen haben sich in den letzten Jahren wesentlich verändert. Die Digitalisierung ist stark fortgeschritten und erleichtert oft den schulischen Alltag. Gleichzeitig birgt sie auch Gefahren und Fallen. Diese sollen nun im Pflichtfach „Digitale Grundbildung“, das seit diesem Schuljahr für die fünfte bis achte Schulstufe eingeführt wurde, minimiert werden.
„Neuland Internet“ nun Pflichtfach an Österreichs Schulen
Die Einschätzungen zur Digitalisierung gehen doch weit auseinander. Im Jahr 2013 entdeckte die ehemalige deutsche Kanzlerin Angela Merkel das „Neuland Internet“ für sich und erntete für ihren langatmigen Entdeckergeist viel Hohn. Neun Jahre später sprach Österreichs Bildungsminister Martin Polaschek von einem „historischen Moment in den österreichischen Schulen“ und meinte damit die Einführung des neuen Pflichtfachs.
„Es kommt eigentlich viel zu spät“, holt Salzburgs AHS-Schulsprecher Georg Müller die beiden Politiker im Gespräch mit SALZBURG24 wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. „Es wäre schon vor dem Distance Learning notwendig gewesen“, meint der 19-Jährige und macht deutlich, dass Digitalisierung ein vorwiegend junges Thema ist und von den „Alten“ ein wenig verschlafen wurde.
„Digitale Grundbildung“ noch in Ausbildung
Die meisten Salzburger Schüler:innen haben gerade erst sechs Stunden des neuen Fachs absolviert. Darum ist es wohl noch etwas zu früh, um es auf Herz und Nieren zu testen. „Ich bin erstmal froh, dass wir begonnen haben. Aber für meine Begriffe haben wir zu viel lange gewartet. Noch sammeln wir Erfahrungen“, gibt auch Bildungslandesrätin Daniela Gutschi (ÖVP) im S24-Gespräch zu. Denn es brauche noch einige Zeit, bis die Lehrenden alle Ausbildungsstufen durchlaufen haben. Aktuell nehmen alle, die im Fach unterrichten, an einem Online-Kurs teil. Die Ausbildung soll später dann aber schon beim Lehramtstudium beginnen. Diese Einführung ist noch ausständig.
Schule und Gesellschaft verändern sich
Gelehrt wird nach dem Modell des „Frankfurter Dreiecks“. Es verbindet die Elemente der gesellschaftlichen Wechselwirkung, das interaktive Handeln und die technologischen Strukturen und Funktionen. Kurz: All das, was das Internet ausmacht. Und dabei sollten diese und kommende Generationen fit sein. „Es ist elementar für die Bildung, da sich die Modalitäten in den Schulen verändern. Wir müssen die Kompetenzbereiche stärken, Orientierung und Information mitgeben“, erklärt Gutschi.
Digitale Kompetenz lernt man fürs Leben
Dabei stimmt ihr Müller zu und spricht erneut das Distance Learning während der Corona-Pandemie an. „Viele Schüler sind zuhause gesessen und haben mit ihren Handys und Tablets gespielt. Dabei haben sie auch falsche Seiten, Informationen und Meinungen gefunden.“ Durch die im neuen Fach vermittelten Grundkenntnisse seien die jungen Menschen in der Lage, diese Flut von Informationen besser zu filtern, zu hinterfragen und zu überprüfen. Diese Vorgehensweise ist einem Teil der älteren Generation meist wohl noch neu, weshalb sie auch leichter in ihrer Bubble eingeschnürt werden und es gar nicht merken. Diese Fähigkeiten seien laut dem 19-Jährigen für viele Jugendliche mittlerweile ganz natürlich und werden fächerübergreifend eingesetzt. Aber nicht nur dafür: „Man lernt nicht nur für die Schule, sondern auch fürs Leben.“
Die Informationsflut zu bändigen lernen
Besonders wichtig sieht der Landesschulsprecher die Kunst der Selbstreflektion. So würde man seiner Bubble leichter entkommen. „Man darf nicht ständig versuchen, seine eigene Meinung zu stärken, sondern auch nach Argumenten suchen, die dagegen sprechen“, versucht Müller vom Werkschulheim Felbertal in Ebenau (Flachgau) zu erklären. Eine Kunst sei es auch, die Flut an Informationen, die man im Internet findet, richtig zu filtern und die Quellen zu finden. Das mache schon mehr Arbeit als früher, wo man Informationen aus Büchern holte. Aber: „Gerade bei den aktuell pulsierenden Themen ist das sehr wichtig!“
Cyber-Mobbing präventiv verhindern
Leider bringt das Internet auch einen unschönen Aspekt mit. Cyber-Mobbing ist auch an Salzburgs Schulen ein großes Thema. „Wenn ein Foto von dir auf Instagram auftaucht, auf du nicht perfekt bist, dann kann das grausig werden“, erzählt Müller. Oft reiche es nicht aus, das Bild zu löschen, weil jemand einen Screenshot gemacht hat. „Jedes Video kann Kreise ziehen.“ Das Resultat ist die Erniedrigung der geschädigten Person über die Klassengemeinschaft hinaus. Darum ist die Prävention solcher Situationen auch ein Thema im neuen Schulfach.
Mehr Praxis im Schulbetrieb
Wie Müller erklärt, lerne man mit der digitalen Grundbildung auch fürs Leben. Das soll in den nächsten Jahren weiter forciert werden. Denn neben diesem Fach sollen in den kommenden Jahren weitere lebensnahe Inhalte gelehrt werden. „Wir müssen mehr alltagstaugliche Angebote in den Unterricht bringen“, fordert Gutschi. Damit spricht die Bildungslandesrätin politische Bildung und auch Finanzwissen an. Diese Themen sollen nicht mehr in den Geographie- oder Geschichte-Unterricht reingepackt werden. Die Lehrpläne dafür seien bereits in Umsetzung, heißt es.
Bis zur Ausführung kann es – wie bei der digitalen Grundbildung – wohl noch etwas dauern. Aber der Ansatz stimmt schon mal.
(Quelle: salzburg24)