Naturschutz und Politik

Salzburger LUA im Wandel der Zeit: Eine Chronologie

Bilder der Baustelle vom Kraftwerk Werfen-Stegenwald vom 17. August 2024.
Veröffentlicht: 02. Oktober 2024 12:20 Uhr
Die umstrittenen Änderungen im Salzburger LUA-Gesetz werden heute im Landtag beschlossen. Die Einflussnahme der Landesumweltanwaltschaft auf geplante Bauprojekte soll damit abgeschwächt werden. Wir blicken mit einer Chronologie auf die vergangenen drei Jahrzehnte zurück.

Die Landesumweltanwaltschaft (LUA) ist keine Salzburger Erfindung. Erstmals eingeführt wurde sie 1986 in Oberösterreich. Bis 1994 hatten alle Bundesländer eine solche unabhängige Einrichtung, die weisungsfrei ist. Damit soll der derzeitige Standard im Natur- und Umweltschutz gewährleistet werden. Die LUA agiert auf Basis gesetzlicher Aufträge in Landes- und Bundesgesetzen. Die Interessen von Natur und Umwelt sollen aus "rein fachlich-sachlicher" Perspektive vertreten werden. Die LUA hat darum eine Parteistellung in vielen umweltrelevanten Verfahren. Die Aufgaben werden eigenen Angaben zufolge objektiv und ohne Rücksicht auf Mitgliederinteressen durchgeführt. Die LUA dient als Anlaufstelle für Umwelt- sowie Naturinteressierte und geht Beschwerden und Missständen konsequent nach. Damit soll sichergestellt werden, dass Natur und Umwelt in der Rechtsordnung und im öffentlichen Diskurs eine starke Vertretung haben.

Haslauer senior bringt LUA auf den Weg

Einst wurde die Landesumweltanwaltschaft in Salzburg Ende der 1980er-Jahre von Landeshauptmann Wilfried Haslauer senior (ÖVP) ins Leben gerufen. Die damalige Zielsetzung war es, die natürliche Umwelt als wesentliche Lebensgrundlage des Menschen zu bewahren und schädliche Einflüsse auf sie zu verhindern. Bestehende Belastungen sollten reduziert, das Landschaftsbild vor Beeinträchtigungen geschützt und bereits eingetretene Schäden behoben werden.

Mittlerweile beschäftigt sich die LUA mit bis zu 800 Verfahren pro Jahr. In etwa der Hälfte davon nutzt sie ihre Parteistellung in Behördenverfahren. Und in ungefähr zehn Fällen davon wird dann Beschwerde beim Landes- oder Bundesverwaltungsgericht eingelegt. Revision beim Höchstgericht wird pro Jahr in ein bis zwei Fällen eingelegt. Zuletzt geschah das Ende August bei der Kraftwerksbaustelle in Stegenwald.

Geschichte der LUA in Salzburg

  • 1980er: Umweltbewusstsein führte zu Protesten gegen Eingriffe in die Natur, z.B. Skigebietsausbau und Straßenbau.
  • Wilfried Haslauer senior (ÖVP, 1977–1989) legte den Grundstein für die LUA, die 1987 als Bindeglied zwischen Bevölkerung, Verwaltung und Politik geschaffen wurde. Die offizielle Gründung erfolgte 1990 durch Haslauers Nachfolger Hans Katschthaler (ÖVP).
  • Anfangs lag der Fokus der LUA auf Projekten mit negativen Auswirkungen auf Naturschutzgebiete. Sie arbeitete auf wissenschaftlicher Basis an Themen wie Flächennutzung und Gewässerrenaturierung.
  • 1997 wurden die Kompetenzen der LUA ausgeweitet, um sie stärker in Genehmigungsverfahren einzubinden. Ab dann konnte sie Einsprüche erheben.
  • Mit der Jahrtausendwende rückte der Klimawandel in den Fokus der LUA, die sich auf nachhaltige Ressourcennutzung und Raumplanung konzentrierte.
  • 2004 engagierte sich die LUA gegen Skigebietserweiterungen, was zu öffentlichen Debatten und rechtlichen Auseinandersetzungen führte.
  • 2010 startete die LUA Kampagnen zur Umweltaufklärung und baute die Zusammenarbeit mit NGOs und Forschungseinrichtungen aus.
  • 2015 stand die LUA vor der Herausforderung, Naturschutz und Verkehrsinfrastruktur zu vereinen. Ihre rechtliche Stellung wurde gestärkt, besonders bei Genehmigungsverfahren.
  • 2023 forderten die FPÖ und Teile der ÖVP eine Einschränkung der LUA. Sie kritisierten die bürokratischen Hürden und den Einfluss auf wirtschaftliche Entscheidungen.
  • ÖVP-Mitglieder wollten die LUA an "moderne Anforderungen" anpassen, um Projekte schneller zu realisieren.
  • September 2024: Eine Gesetzesänderung wurde beschlossen, die Projekten im Bereich erneuerbare Energien Vorrang vor Naturschutz einräumt. Kritisiert wurde die Beiziehung nicht amtlicher Sachverständiger und der Verlust des Revisionsrechts der LUA bei Genehmigungen für erneuerbare Energieanlagen.

Landesumweltanwaltschaft wird zum Politikum

Kritikerinnen und Kritiker befürchten durch die Änderungen im Naturschutz- und LUA-Gesetz massive negative Auswirkungen auf die Umwelt: "Die Herabsetzung des Naturschutzes mag zwar Bauvorhaben und die Intensivierung der Flächennutzung beschleunigen, doch die Folgen daraus sind unwiederbringlich", mahnte zuletzt der Naturschutzbund. Dadurch drohe ein "dauerhafter und unvorhersehbarer Schaden für Salzburg." Naturschützerinnen und Naturschützer sehen die Artenvielfalt durch die Novelle bedroht. Ein "Trojanisches Pferd hebelt Salzburgs Naturschutz aus", heißt es in der Kritik an die Landesregierung.

Die schwarz-blaue Landesregierung sieht hingegen eine neu geschaffene Rechtssicherheit im Natur- und Umweltschutz. ÖVP und FPÖ orten "Naturschutz auf Augenhöhe mit allen Beteiligten" sowie eine Verfahrensbeschleunigung für benötigte Projekte der erneuerbaren Energien. Außerdem soll durch die Naturschutz-Novelle der Vertragsnaturschutz ausgebaut werden: Das ist eine freiwillige Vereinbarung zwischen der Landwirtschaft oder Grundeigentümer:innen und der öffentlichen Hand. Dabei verpflichten sich die Landnutzenden, bestimmte Maßnahmen zum Schutz von Natur und Biodiversität umzusetzen – oftmals gegen finanzielle Entschädigung. Ziel ist es, wertvolle Lebensräume und Arten durch angepasste Bewirtschaftung zu erhalten.

Gründung, Stärkung und Abschwächung

"Die Natur ist kostenlos und deswegen wird ihr Wert oft nicht geschätzt. Wir sind dafür da, dass wir ihr in Verwaltungsverfahren eine Stimme geben", sagte Salzburgs Umweltanwältin Gishild Schaufler im SALZBURG24-Interview. Überlegungen, die LUA abzuschaffen oder abzuschwächen, habe in den vergangenen Jahren immer wieder gegeben. Das liege Schaufler zufolge auch daran, dass man in der Politik oft kurzfristige Lösungen vertrete und keine unpopulären Maßnahmen treffen wolle. "Die LUA vertritt langfristige Entscheidungen, basierend auf Sach- und Fachkompetenzen, im Sinne unserer Kinder und Enkelkinder." Eine grundsätzliche Abschaffung der LUA ist aufgrund von Bundesgesetzen nicht möglich.

Kritik an der geplanten Schwächung der Salzburger LUA kam bereits im Vorfeld von den acht weiteren Umweltanwaltschaften der anderen Bundesländer sowie von 70 österreichischen Natur- und Umweltorganisationen sowie Forschenden.

(Quelle: salzburg24)

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