Weniger Auto-, dafür mehr Radverkehr in der Stadt Salzburg – dafür setzt sich Bürgermeisterkandidatin Anna Schiester (Bürgerliste, die Grünen Salzburg) ein. Erklärtes Ziel sei es, den Anteil des Radverkehrs bis 2030 von derzeit 23 Prozent auf 30 Prozent zu steigern, kündigt sie in einem Medientermin am Donnerstag an. Dazu will die Baustadträtin das jährliche Radbudget von zwei auf fünf Millionen Euro erhöhen und mehr Personal einsetzen.
Auch die Radlobby Salzburg stellt ähnliche Forderungen. „Wir fordern einen Radverkehrsanteil von 35 Prozent, aber die 30 Prozent sind ein guter Ansatz. Damit geben wir uns zufrieden. Die Frage ist nur, ob das auch umgesetzt wird“, meint Obmann Harald Gaukel auf SALBZBURG24-Anfrage am Freitag. Für ihn sei der Ausbau der Radwege maßgeblich, um dieses Ziel erreichen zu können. „Viele fühlen sich zum Beispiel auf der Sterneckstraße oder Saint-Julien-Straße zu unsicher. Fünf bis zehn Prozent würden eher fahren, wenn es entsprechende Radwege gibt“, erklärt Gaukel.
ARBÖ sieht Infrastruktur als Knackpunkt
Als „engagiert, aber nicht unmöglich“ schätzt Sebastian Obrecht, Pressesprecher des Auto-, Motor- und Radfahrerbund Österreichs (ARBÖ), das Schiesters Ziel am Freitag beim S24-Gespräch ein. Aus Studien sei ihm bekannt, dass der Radverkehr zunehme, sobald die Infrastruktur passe. Dazu würden viele, hochwertige und gut vernetzte Radwege, und „nicht nur weiße Linien“ gehören. Außerdem zähle Obrecht auch sichere Abstellmöglichkeiten für die Fahrräder zur notwendigen Infrastruktur.
Speziell in Salzburg würden sich aber Schwierigkeiten beim Errichten neuer Radwege zeigen. „Die Frage lautet immer, wo. Oft fallen Parkplätze zum Opfer, wenn neue Radrouten gebaut werden. Manchmal ist auch schlichtweg kein Platz für einen zusätzlichen Radweg“, weiß der ARBÖ-Pressesprecher. Radrouten durch Fußgängerzonen seien ebenfalls nicht ideal. Vor allem durch die vielen Tourist:innen in Salzburg kämen Radfahrende zum Beispiel in der Linzer Gasse oder der Getreidegasse nur langsam voran.
Radverkehrspotenzial von 42 Prozent errechnet
Der von der Bürgerliste hinzugezogene Verkehrsexperte von der TU Wien, Harald Frey, geht sogar von einem Radfahr-Potenzial von 42 Prozent in der Stadt Salzburg aus. Dazu nahm sich der Wissenschaftler internationale Vorbildstädte und eine genaue Berechnung des Radverkehrspotenzials in Zürich zur Vorlage. „Das Potenzial des Radverkehrs in der Stadt Salzburg ist aufgrund der kurzen Distanzen und keiner nennenswerten Steigungen hoch. 40 Prozent der Wege der Salzburger:innen sind kürzer als 2,5 Kilometer und 70 Prozent kürzer als fünf Kilometer“, wird in der Aussendung der Bürgerliste beschrieben.
Dieses Potenzial kann laut Frey allerdings nur ausgeschöpft werden, wenn unter anderem neue Radwege errichtet werden.
- Vom Hauptbahnhof ins Zentrum in der Rainerstraße
- Linzer Bundesstraße zwischen Aglassingerstraße und Röcklbrunnstraße
- Zwei-Richtungs-Radweg in der Paris-Lodron-Straße zur Entlastung der konfliktreichen Radroute durch die Linzer Gasse
- Neue Radwegachse von Lehen nach Gnigl mittels sicherer Gleisüberquerung
ARBÖ-Pressesprecher Obrecht sieht das etwas kritischer: „Rechnerisch kann sich das schon ausgehen, aber realistisch gesehen, wird man das nicht schaffen.“ In Österreich, speziell in Salzburg, spiele die Witterung noch eine große Rolle. Im Sommer seien die 42 Prozent möglich, im Winter aber niemals. Außerdem würden viele vom Land in die Stadt pendeln, für viele dieser Autofahrer:innen sei das Rad keine attraktive Alternative.
Leihräder in Salzburg
Um das Potenzial von 42 Prozent auszuschöpfen, empfehle TU-Wissenschaftler Frey außerdem, ein stadtweites Radverleihsystem einzuführen. Laut Schiester sei das Radverleih-Projekt S-Bike bereits fertig geplant, bis dato wurde es aber noch nicht gestartet.
Ob ein Verleihsystem dem Salzburger Radverkehr den erhofften Aufschwung gebe, sieht ARBÖ-Sprecher Obrecht kritisch. „Das Angebot muss gut durchdacht sein – auf jeden Fall mit einer verpflichtenden Registrierung. Damit weiß man, wann wer wo unterwegs ist. Zudem braucht es fixe Abstellplätze, sonst landen die Räder überall“, weiß Obrecht aus Erfahrung in Wien. Bei dem kostenlosen Radverleih-Angebot in der Hauptstadt seien die Fahrräder teilweise in Flüssen und Wäldern wiedergefunden worden. Dennoch meinte er, dass dieses Angebot neue Zielgruppen ansprechen und somit das Radfahren attraktiveren könne.
Wie sieht’s mit Salzburgs Radwegen derzeit aus?
Rund 200 Kilometer beträgt das Radwegenetz derzeit im Stadtgebiet. Im Vorjahr wurden rund 96 Prozent von insgesamt 2.000.000 Euro aus dem Radbudget für den Ausbau verwendet, berichtet die Stadt Salzburg am Freitag.

Neben den elf Hauptradrouten (gelb), die hauptsächlich auf den Hauptstraßen geführt werden, gibt es zusätzlich drei Rad-Schnellrouten (grün). „Das ist eine Zielplanung. Die gilt immer für 20 Jahre, danach sieht man sich an, was man neu andenken soll“, erklärt Michael Handl, Leiter des Salzburger Straßenamts.
Der Radweg auf der Innsbrucker Bundesstraße soll laut Handl heuer gemeinsam mit dem Land Salzburg neu gebaut werden. Und auch in der Alpenstraße soll der Geh- und Radweg sukzessive verbreitert werden. An diesen Projekten beteilige sich die Stadt Salzburg an den Kosten, die Planung und Umsetzung läge beim Land Salzburg, heißt es von der Stadt.
Für Radlobby-Obmann Gaukel sei vor allem die fehlende Verbindung zwischen dem Salzburger Hauptbahnhof und der Salzach ein Schmerzpunkt. Dieser Lückenschluss werde laut Straßenamtsleiter Handl mit dem Bau des neuen Landesdienstleistungszentrums in Angriff genommen. Dabei zeigte sich zuversichtlich, dass dieser Radweg in den nächsten fünf Jahren fertiggestellt sein sollte. Sein Bauamt bekomme übrigens nur die fertigen Konzepte, die von den Verkehrsplaner:innen zuvor erstellt wurden.
(Quelle: salzburg24)