"Kein Aktionismus"

Das macht Felix Neureuther jetzt beim ÖSV

Felix Neureuther platzte der Kragen und rief während dem Rennen FIS-Rennchef Markus Waldner an.
Veröffentlicht: 24. Oktober 2023 10:04 Uhr
Felix Neureuther dürfte als Teil einer neu eingerichteten Klima-Task-Force des ÖSV künftig häufiger in Österreich zu sehen sein. Die WM in Saalbach 2025 bringe dem Verband die notwendige Aufmerksamkeit, um angesichts des Klimawandels "neue Ideen vorzustellen und zu implementieren".
SALZBURG24 (tp)

Österreichs Skiverband geht in der Klimafrage in die Offensive. Eine entsprechende Task Force soll die Zukunft des heimischen Skisports neu denken, erklärte ÖSV-Generalsekretär Christian Scherer. Unbequeme Köpfe wie Felix Neureuther und "Querdenker" aus anderen Branchen sollen darin genauso zu Wort kommen wie heimische Ex-Skigrößen, Vertreter aus Industrie und Tourismus.

Aufmerksamkeit durch Ski-WM in Saalbach

"Es ist uns allen bewusst, dass wir etwas tun müssen. Es muss der Anspruch des ÖSV mit der Skiindustrie und allen Beteiligten in Österreich sein, dass wir beim Thema Nachhaltigkeit Vorreiter sind", sagte Scherer zur APA. "Wir wollen keine Plattitüden produzieren, sondern konkrete Handlungsempfehlungen erarbeiten. Bis Juni 2024 müssen wir konkrete Lösungen präsentieren." Die Ski-WM in Saalbach 2025 bringe die notwendige Aufmerksamkeit, "um neue Ideen vorzustellen und zu implementieren".

Neureuther in ÖSV-Task-Force

Den Sölden-Weltcup am kommenden Wochenende sieht Scherer als "Chance, um Personen für unsere Sache zu rekrutieren". Den bayerischen Ex-Skistar Neureuther, der wie kaum ein anderer im deutschsprachigen Raum mit Systemkritik am Ski- und Alpen-Business auffällt, will Scherer für sein Anliegen bereits gewonnen haben. Das Gespräch sei weniger kontrovers ausgefallen als vielleicht anzunehmen. "Ich habe einige Themen aus unserer Sicht erläutert, aber man muss dem Felix auch in ganz vielen Themen einfach Recht geben", sagte Scherer. Etwa, dass es "abseits vom Schwarz-Weiß-Denken" neue Zugänge für Nachwuchsförderung brauche.

"Evolution" nach "30 perfekten Jahren"

Die Pläne seien "kein Aktionismus", vielmehr trage er die Idee einer solchen Arbeitsgruppe schon länger mit sich herum, sagte Scherer. "Es hat sich in den letzten Tagen und Wochen mit der intensiven Diskussion um Sölden manifestiert, dass wir die Augen nicht vor notwendigen Veränderungen verschließen dürfen." Dem Generalsekretär schwebt "keine Revolution, sondern eine Evolution" vor. "Es hat 30 Jahre perfekt funktioniert, das ist eine solide Basis, aber wir müssen uns anpassen. Ich glaube, dass die Anpassungsbereitschaft derzeit sehr groß ist, weil jedem bewusst geworden ist, dass wir leidenschaftliche Zukunftsvisionen für den Skisport brauchen."

Nach Jahren der Klimawandel-Betriebsblindheit unter Ex-Präsident Peter Schröcksnadel scheint das Thema im ÖSV angekommen. Scherer, der mit einer geplanten Satzungsänderung 2024 offiziell zum obersten "Leitungsorgan" im Skiverband aufsteigen dürfte, betonte seinen Willen, den ÖSV als "Role Model beim Thema Nachhaltigkeit" zu positionieren. "Es hat den Anschein, als stünden sich Klimaschutz und wir diametral gegenüber, aber das ist nicht wahr. Wir können den Klimawandel nicht wegleugnen. Letztendlich ist es auch wichtig, dass wir als Verband nicht dünnhäutig sind und Kritik und gute Ratschläge auch annehmen", sagte der 38-jährige Osttiroler.

Klimaschutz-Forderungen an die FIS

Kurz vor dem Start der neuen Weltcup-Saison in Sölden lässt unterdessen eine Integral-Umfrage im Auftrag von Greenpeace aufhorchen. Demnach findet eine breite Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher (80 Prozent), dass der Weltverband FIS bei alpinen Skirennen nicht auf Klimaschutz achtet. 83 Prozent wünschen sich, die FIS würde mehr für den Klimaschutz unternehmen. 75 Prozent glauben, dass der Kauf von CO2-Zertifikaten nicht zielführend ist, um der Klimakrise zu begegnen.

Greenpeace wollte vor dem Saisonstart in Österreich ein Stimmungsbild zum Wissenstand und zur Haltung der Bevölkerung hinsichtlich Klimaneutralität im Wintersport. Die Umweltorganisation ist auf dem Standpunkt, dass vor allem die FIS echte Klimaschutz-Maßnahmen – wie einen späteren Saisonstart oder den Ausbau einer nachhaltigen Infrastruktur – blockiert und sich durch den Erwerb von CO2-Zertifikaten "freikaufen" möchte.

Mögliche Maßnahmen im Überblick

Durch die Umfrage unter 1.000 Personen sieht sich Greenpeace in seinen Forderungen bestätigt. So halten es nur 22 Prozent für zulässig, dass die FIS aufgrund von Zertifikation mit dem Begriff "klimapositiv" wirbt. "Die FIS täuscht beim Klimaschutz. Statt die eigenen CO2-Emissionen zu senken, zahlt sie in intransparente Projekte ein und lässt ein paar Bäume pflanzen", sagte Greenpeace-Wirtschaftsexpertin Ursula Bittner. "Die österreichische Bevölkerung hat längst erkannt, dass hinter dieser Masche nur ein moderner Ablasshandel steckt."

Bei den Maßnahmen, die seitens der FIS gesetzt werden könnten, fand ein Verbot von Privatjets im Weltcup die größte Zustimmung mit 73 Prozent. Dahinter folgten die Anpassung des Rennkalenders, um Flugreisen zu minimieren (67 Prozent), sowie der Ausbau von klimafreundlicher Infrastruktur durch öffentliche Verkehrsmittel, Hotels etc. (55 Prozent).

Skisport-Zukunft in Österreich?

Rund die Hälfte der Befragten (53 Prozent) glaubt, dass es in 30 Jahren in Österreich noch möglich sein wird, Wintersport zu betreiben. Abgefragt wurden auch ausgewählte Maßnahmen, um selbst auf einen klimafreundlicheren Wintersport hinzuwirken. Die größte Bereitschaft (81 Prozent) besteht demnach dazu, nachhaltige Unterkünfte im Skigebiet zu wählen.

(Quelle: apa)

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