„Es fühlt sich schräg an, als Mann den ersten Bericht zur Menstruationsgesundheit zu präsentieren. Und genau darin liegt das Problem“, eröffnet Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) den heutigen Pressetermin im FrauenGesundheitsZentrum in der Stadt Salzburg. Immer noch wird die Werbung für Menstruationsartikel „diskret“ gestaltet. Weiße Hosen an Frauen suggerieren, dass niemand die Monatsblutung mitbekommen soll und Frauen alles wie auch an anderen Tagen bewältigen können. Die Realität sieht für den Großteil der weiblichen Bevölkerung anders aus.
Rund 1,9 Millionen Frauen (67 Prozent) im Alter von 14 bis 60 Jahren haben mittelstarke bis sehr starke Schmerzen während ihrer Menstruation. Das zeigt nun erstmals eine repräsentative Erhebung in Österreich von rund 1.300 Mädchen und Frauen. Sie klagen über Krämpfe, Migräne, Unterleibs-, Kopf und Rückenschmerzen. Auch psychische Beschwerden können während der Menstruation auftreten: Rund 20 Prozent der Befragten fühlen sich immer gestresst, wenn sie an ihre Periode denken.
Über die Hälfte der Frauen (55 Prozent) nehmen gegen die Beschwerden Schmerzmittel. „Welche, ob verschreibungspflichtig oder nicht und wie lange die Medikamente genommen werden, wissen wir nicht“, hält Studienautorin Sylvia Gaiswinkler fest und warnt vor der Langzeiteinnahme. Denn zu viele Schmerztabletten können zu Leberschäden, Magengeschwüren oder psychischen Problem führen, wie Fachleute berichten.
„Wenn Menstruationsschmerzen über einen gewissen Grad hinausgehen, muss das medizinisch abgeklärt werden. Denn das ist nicht normal“, so die Studienautorin. Laut dem neuen Gesundheitsbericht sind rund 36 Prozent der weiblichen Bevölkerung von sehr starken Schmerzen betroffen.
Diagnose für Endometriose dauert sieben Jahre
Trotzdem werden die Leiden weiterhin „kleingeredet“, was dazu führt, dass schwerwiegende Krankheiten wie Endometriose lange nicht erkannt werden, berichtet Rauch. Im Durchschnitt vergehen fast sieben Jahre bis zur offiziellen Diagnose. Frauen würden eine unglaubliche Tour durchs Gesundheitssystem durchmachen, weil viele Symptome oft psychosomatischer Ursache zugeschrieben würden, so der Gesundheitsminister.
Aber was genau ist Endometriose? Es ist eine chronische Erkrankung von Frauen, bei der Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnlich ist, außerhalb der Gebärmutterhöhle vorkommt. Rund sechs Prozent der Befragten wurden mit der Erkrankung bereits diagnostiziert, weitere vier Prozent haben den eigenen Verdacht darauf. Damit liegt man in Österreich bei zehn Prozent an Betroffenen, was auch der Schätzung der WHO entspreche. Das sei der gleiche Prozentsatz wie bei Diabetes-Erkrankten und damit „keine Seltenheit“, sagt Gaiswinkler.
Menstruation als jahrelange Belastung
Egal ob starke Schmerzen, Scham oder eine extra Portion Stress – das Thema Menstruation ist für viele Frauen eine jahrelange Belastung. Trotz oftmals unangenehmer Wechseljahre stimmten 70 Prozent der Befragten zu, dass sie sich seit der Menopause endlich frei und unabhängig fühlen.
Was passiert nun mit all den erhobenen Zahlen und Daten über Menstruationsgesundheit? Wie auch der Frauengesundheits- und der Verhütungsbericht soll auch jener über Menstruationsgesundheit als Grundlage für politische Entscheidungen dienen. Daraus können auch Pilotprojekte wie jenes der kostenlosen Verhütungsmittel für Vorarlbergerinnen und Vorarlberger entstehen.
Konkret für die Menstruationsgesundheit will das Ministerium vorerst mehr darüber aufklären: Videos in elf Sprachen über die erste Menstruation, Abhilfe bei Beschwerden, Endometriose, Wechseljahre oder auch weibliche Genitalverstümmelung sollen noch in diesem Jahr veröffentlicht werden.
(Quelle: salzburg24)