Red Bull Salzburg steht in der tiefsten Krise seit dem Einstieg in Österreichs Fußball 2005. Die miserable Bundesliga-Bilanz sorgt nicht nur bei den Fans für Unruhe. Vier sieglose Ligaspiele in Folge gipfelten in einem schmerzhaften 1:2 gegen den LASK und lassen die Hoffnungen auf den Titel stark schwinden. Der monatelange Leidensweg nimmt auch nach einer Leistungssteigerung im Vergleich zu den letzten drei Liga-Duellen kein Ende.
Im Gegenteil: Ausgerechnet vor dem fünften Champions League-Spiel gegen Bayer Leverkusen (ab 20.50 Uhr im S24-LIVETICKER aus der Bay Arnea) treten die Bullen die Reise zum deutschen Meister sichtlich angeschlagen an.
Zwar tankte der Vizemeister im letzten Königsklassen-Duell auswärts gegen Feyenoord Rotterdam mit den ersten drei Punkten im vierten Spiel etwas Selbstvertrauen, zeigte aber in den Spielen danach sein wahres Gesicht.
Nachdenklich? Amar Dedic widerspricht
"Die Ergebnisse, die wir da gehabt haben, tun nicht nur mir weh, sondern allen Spielern in der Mannschaft. Wir wollen zeigen, dass wir das besser machen können", sagte Amar Dedic am Montag vor der Abreise am Salzburger Flughafen. Der Rechtsverteidiger hat die viertmeisten Einsatzminuten (1.427) heuer absolviert und stand in 18 Partien auf dem Platz.
Dedic wirkte in den letzten Wochen sehr nachdenklich, seine Körpersprache hatte sich nach den vielen negativen Ergebnissen sichtlich verändert. "Man will nicht verlieren, das ist so. Man hat die Mentalität, Spiele gewinnen zu wollen. Ich würde nicht sagen, dass ich nachdenklich bin. Ich bin eher heiß auf die Spiele, dass wir zeigen können, dass wir besser spielen können", gab sich der bosnische Nationalspieler trotz Mega-Krise optimistisch.
"Stimmung im Team ist gut"
Eine Systemumstellung von Lijnders bevorzugten 4-3-3 auf 4-2-3-1 sollte der Startschuss für eine Trendwende sein. Zwar brachte diese taktische Anpassung Hoffnung auf mehr defensive Stabilität und Tiefgang, doch das große Manko bleibt: die Chancenauswertung.
"Die Stimmung im Team ist gut. Wir haben keine Probleme miteinander. Wir sind trotzdem positiv, auch wenn es schwer ist. Wir versuchen unser Bestes zu geben und den Spieß umzudrehen. Wir wissen, wie stark der Gegner ist, individuell und als Mannschaft. Wir spielen gegen den Double-Sieger aus Deutschland", forderte der Abwehrmann. Die Mannschaft strahlte auf dem Trainingsplatz Lockerheit aus, kann diese aber in vielen Pflichtspielen nicht in überzeugende Leistungen umsetzen.
Seonbuchners Rückendeckung für Lijnders
Nicht verwunderlich, dass die Kritik an Neo-Trainer Pep Lijnders und Sportdirektor Bernhard Seonbuchner lauter wird. Trotz der beispiellosen Krise steht Sportdirektor Bernhard Seonbuchner felsenfest hinter seinem Trainer. "Über den Trainer brauchen wir nicht zu diskutieren", betonte Seonbuchner nachdrücklich. Der Druck lastet nun auf den Spielern. Besonders der Stürmer mit der verlorenen Torgarantie, Karim Konaté, wird zum Sinnbild für die aktuellen Probleme – die vergebenen Chancen, sein Eigentor gegen den LASK und ein ausbleibender Pass auf seine besser positionierten Mitspieler setzten der vierten Liga-Pleite im zwölften Saisonspiel die Krone auf.
Lijnders hofft in Champions League auf Weiterentwicklung
In der Königsklasse hängen die Trauben natürlich deutlich höher als im nationalen Kräftemessen. "In diesem Bewerb (Champions League, Anm.) haben wir das letzte Spiel gewonnen. Das sollte uns ein bisschen Selbstvertrauen geben. Aber es ist tatsächlich, dass wir noch weiterentwickeln müssen. Das Gute ist, dass wir im Spiel gegen den LASK sehr gut attackiert haben", meinte Lijnders.
Sein Gegenüber Xabi Alonso feierte nicht nur als Spieler große Erfolge. Mit dem Spanier liefen die Leverkusener dem FC Bayern München den Rang ab und standen in der Europa League im Finale.
Lijnders fand nur lobende Worte für den Bayer-Coach: "Ich war zehn Jahre lang in Liverpool, daher habe ich jetzt großen Respekt vor ihm. Er (Alonso) war ein Meister für diesen Klub und für das, was er bei Sociedad und jetzt bei Leverkusen geleistet hat – besonders, wenn man sich anschaut, wo die Mannschaft stand, bevor er kam, und wie er sie vorangebracht hat. Aber vor allem beeindruckt mich die Art und Weise, wie er spielen lässt und das Team weiterentwickelt. Ein großes Kompliment, großer Respekt – und das nicht nur für Xabi als Spieler, sondern auch als Trainer."
Das Ziel der Leverkusener, die in der vergangenen Saison als erstes Team der Ligageschichte ungeschlagen Meister geworden sind und 51 Pflichtspiele in Serie ohne Niederlage blieben, ist klar definiert. "Die nächsten beiden Heimspiele gegen Salzburg und Inter sind der Schlüssel, um in die ersten Acht zu kommen", betonte Alonso mit Blick auf den angepeilten Achtelfinal-Fixplatz.
Schlager vor Leverkusen-Duell genervt vom "Erklärbar"
Innerhalb der Salzburger Mannschaft sind die Nerven angespannt. Kapitän Alexander Schlager ließ am Samstag seinem Frust über die aktuelle Situation freien Lauf. "Mir geht es auf die Nerven, dass ich jedes Mal als Erklärbär auftreten muss. Aber das Leben geht weiter, wir müssen zusammenhalten", appellierte der Tormann nach der LASK-Pleite.
Dass der sportliche Sinkflug ausgerechnet gegen Bayer Leverkusen in dem ausverkauftem Stadion – 800 Salzbruger:innen werden erwartet – gestoppt werden soll, ist sehr unwahrscheinlich. Auch wenn die Ausgangslage schwierig erscheint, soll allein der Gedanke an eine internationale Bühne den Kampfgeist erwecken. Vor kurzem zeigte das Team bei Feyenoord Rotterdam, dass sie unter Druck liefern können. Diese aufkeimende Hoffnung auf einen Wendepunkt münzt sich in Optimismus um, dass Salzburg bald wieder auch andere Phasen durchleben wird.
(Quelle: salzburg24)