Welchen Stellenwert werden Salzburgs Städte in 15 Jahren haben? Diesen Blick in die Glaskugel wagen die Bürgermeister von Hallein (Tennengau), St. Johann im Pongau, Zell am See (Pinzgau) und Seekirchen (Flachgau). Sie nehmen im SALZBURG24-Interview dabei Bezug auf die demographischen, gesellschaftlichen und natürlich auch infrastrukturellen Veränderungen.
Hallein
St. Johann im Pongau
Zell am See
Seekirchen
Großprojekt Hochwasserschutz
Im Sommer 2021 kamen aus Hallein im Zuge des Jahrhunderthochwassers allerdings beängstigende Bilder. Der kleine Kothbach entwickelte sich zum reißenden Fluss, der für Zerstörung und enorme Schäden sorgte. Ein Szenario, das sich in Hallein nicht mehr wiederholen soll. Dafür wurde und wird in der Tennengauer Bezirkshauptstadt in Zukunft viel Geld in die Hand genommen. Der erste Teil wurde mit der Errichtung des Retentionsbeckens am Dürrnberg abgeschlossen. Es fasst 80 Millionen Liter Wasser. Noch heuer, aber spätestens im Frühjahr 2023, ist die Fertigstellung der Ausleitung über die Salzach geplant, die 12.000 Liter Wasser pro Sekunde vom Kothbach leiten könnte.
Was bringt der S-Link für Hallein?
Die Wohnsituation wird durch die geplante S-Link- Regionalstadtbahn in Zukunft wohl nicht besser werden. Dennoch soll sie die Mozartstadt mit der Salinenstadt schneller verbinden und noch näher zusammenbringen. „Landesrat Schnöll (Verkehrsressort; ÖVP, Anm.) hat mir gesagt, dass der S-Link 2025 in Hallein stehen wird. Aber ich bin da skeptisch und glaube, dass ich ihn in meiner Amtszeit nicht mehr erleben werde“, so Stangassinger und fügt an: „Und ich plane noch zwei weitere Perioden als Bürgermeister, sofern mich die Halleiner wollen.“ Problematisch sieht er die Trassenführung von Salzburg über Anif und Grödig bis in die Tennengauer Bezirkshauptstadt. Denn es seien noch viele Preisverhandlungen mit den Grundstückseigentümer:innen zu führen. „Dann gilt es die Finanzierung sicherzustellen. Denn ich habe noch nie gehört, dass alles finanziert ist“, gibt Stangassinger zu bedenken.
Er sieht aber auch Positives am Projekt. So zum Beispiel die schnelle Anbindung Halleins an die Stadt Salzburg auf beiden Salzach-Seiten durch die bestehende S-Bahn und den S-Link. Durch das geplante Schnellbahn-Projekt würden auch die Ortsteile Rif und Rehhof besser angebunden sein. Auch wenn es womöglich eine zukünftige Verschmelzung der beiden Städte bedeuten könnte.
Die Salinenstadt will den Bau des S-Links nicht abwarten und inzwischen Schritt für Schritt das Radwege-Netz ausbauen. Auch ein Projekt für die Zukunft.
Geschichte: Erste Erwähnung 1198, Erhebung zur Stadt 1218 – 1232
Einwohner: 21.314
Fläche: 27 km²
Seehöhe: 447
St. Johann im Pongau
St. Johann steht auf vier Säulen
Gut erreichbar und zentral ist auch St. Johann im Pongau. Das sei für den Bürgermeister der Pongauer Bezirkshauptstadt, Günther Mitterer (ÖVP), sehr wichtig gewesen für die vergangene und künftige Entwicklung. Mit 11.500 Einwohner:innen ist St. Johann der Ballungsraum im Pongau und setze auf eine ausgewogene Struktur aus Handel, Gewerbe, Tourismus und Bauernschaft. „Wir haben uns über die Jahrzehnte gut entwickelt und nehmen eine Führungsrolle im Pongau ein. Es ist auch unsere Aufgabe als Bezirkshauptstadt, diese Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, aber auch in einem größeren Rahmen wirtschaftlich tätig zu sein.“
Schulen als Zugpferd
Betriebe würden sich in der Region auch gerne ansiedeln, da Arbeitskräfte vorhanden seien. Denn nicht nur die Leitbetriebe in der Region würden Einwohner:innen binden, sondern auch die Schulen. „Wir haben in St. Johann fast alle Schultypen. Das zieht die Jugend an und sie bleiben auch hier“, erklärt der 63-Jährige. Und der Kreis schließt sich: „Sie bleiben hier, weil wir sehr gute Betriebe haben.“
Mehr Zusammenhalt im ländlichen Raum
Beim Blick in die Zukunft zieht es Mitterer allerdings Stirnfalten auf, wenn es um das Thema Arbeit geht. „Wir haben bei der Jugend einen extremen Wandel, beim Zugang zur Arbeit. Die Generationen, bei denen die Arbeit an erster Stelle gestanden ist, die gibt es nicht mehr.“ Das hätte nicht nur Einfluss auf den Arbeitsmarkt, sondern auch auf die Themen, die unsere Gesellschaft gerade beschäftigen „Das wirkt sich natürlich im ländlichen Bereich nicht so stark aus wie in den Großstädten, weil hier noch mehr Zusammenhalt und gegenseitiges Kennen vorhanden ist“, beobachtet Mitterer. Verantwortlich dafür sei auch das Vereinswesen, Ehrenamt und nicht zuletzt der Familienverbund.
Neidgesellschaft gefährdet Weiterentwicklung
Gerade dieser Zusammenhalt sei in Krisenzeiten, wie wir sie aktuell vorfinden, essenziell für die Weiterentwicklung einer Stadtgemeinde wie St. Johann. Einwohner:innen müsse klar sein, dass eben diese Gemeinschaft für das Wohl aller verantwortlich ist. „Nicht ein einzelner zahlt für den Kinderbetreuungsplatz, sondern wir alle“, spricht er die Neid-Gesellschaft an. Diese könne durchaus für Zündstoff sorgen und demokratiegefährdend sein. Weiterentwicklung könne es nur geben, wenn die Leute Eigenverantwortung zeigen würden.
Pongauer Bezirkshauptstadt legt Leitfaden für Zukunft
Zumindest was die Infrastruktur angeht, sei in St. Johann in den nächsten Jahren keine große Weiterentwicklung geplant. „Wir haben vor vier Jahren unser Stadtentwicklungsprogramm abgeschossen und sind jetzt dabei, diese Schritte umzusetzen. Damit haben wir den Leitfaden für die Zukunft gelegt.“ Dieser „Katalog“ soll nun stetig abgearbeitet werden. Im Fokus steht das St. Johanner Stadtzentrum, das bislang noch nicht vorhanden war. Rund um das erworbene Postareal soll ein Stadtplatz aufgebaut werden. Zudem will man ein neues Verkehrskonzept und eine Begegnungszone umsetzen.
Keine großen Sprünge
Weitere große Sprünge oder Bevölkerungszuwachs seien in der Pongauer Bezirkshauptstadt allerdings nicht geplant. Alles mit Maß und Ziel, da sonst die Infrastruktur nicht nachkommen würde. Ein Zusammenwachsen mit der Nachbarstadt Bischofshofen in den nächsten 15 Jahren sieht Mitterer ebenso unwahrscheinlich. Beide Orte seien trotz guter Zusammenarbeit bedacht darauf, die räumliche Distanz zu halten. „Die Bewohner sind stolz und identifizieren sich mit ihren Gemeinden“, meint das Stadtoberhaupt und hat einen Wunsch für die Zukunft. „Ich hoffe, dass wir in 15 Jahren weiterhin eine so ausgeglichene Gemeinde sind, in der die Lebensqualität und das Wohlfühlen an erster Stelle stehen.“
Geschichte: Erste Erwähnung 924, Erhebung zur Stadt 2000
Einwohner: ca. 11.300
Fläche: 78 km²
Seehöhe: 565 Meter
Zell am See
Zell am See kann mehr als Tourismus
Die Pinzgauer Bezirkshauptstadt Zell am See ist in erster Linie als Touristen-Magnet bekannt. Skigebiete wie die Schmittenhöhe locken die Ski-Fans im Winter, Berge und Seen Wander-Begeisterte im Sommer. Diese Sparte ist für die Stadt und die Region natürlich extrem wichtig. Doch für die Pinzgauer:innen ist Zell am See auch durch seine Infrastruktur ein wichtiges Zentrum, wie Bürgermeister Andreas Wimmreuter (SPÖ) im Gespräch mit S24 erklärt: „Als Bezirkshauptstadt haben wir eine Aufgabe als Versorger, stellen die Bezirkshauptmannschaft, das Gericht, Ämter und das Kongress Center. Ähnlich wie Hallein und St. Johann darf sich Zell am See Schulstadt nennen. Neben der Handelsakademie sind unter anderem die Landesberufsschule und die Gesundheits- und Krankenpflegeschule hier angesiedelt.
Der Arbeitgeber für den ganzen Pinzgau
Ausbildungsplätze finden die Absolvent:innen dann zum Beispiel im ansässigen Tauernklinikum. Eben genau dieses sei mit der Grund für die gute medizinische Versorgung. „Die Leute bleiben dann in der Region und wir haben keine Abwanderung im Berufsfeld. Das ist ganz wichtig für unsere Krankenhäuser und Heime“, freut sich der 59-Jährige. Weil auch zahlreiche größere Betriebe in Zell am See angesiedelt sind, sei die Pendlerfrequenz sehr hoch. Die Arbeitskräfte stammen laut einer Verkehrszählung je zu einem Drittel aus dem Oberpinzgau, dem Saalachtal und dem Salzachtal.
Als Wunsch für die Zukunft hätte Wimmreuter gerne leistbare Wohnungen in seiner Stadt. „Es ist eine Grenze erreicht. Die Einwohner müssen sich auch etwas leisten können.“ Darum würde er nur noch Grünland in Baugründe umwidmen, wenn die Gemeinde bei der Vergabe auch Mitspracherecht hat Auch einen Preisdeckel für Eigentumswohnungen spricht er an.
Die Geburtsstunde des Tourismus in Zell am See
Nur kurz „wohnen“ die Tourist:innen in der Pinzgauer Metropole. Dafür lockt die Kombination aus Gletscher, Berg und See die nationalen und internationalen Gäste ganzjährig. So wurden im letzten Jahr 2,8 Millionen Nächtigungen gezählt. Kein Wunder, dass der Tourismus Zugpferd und gleichzeitig größter Arbeitgeber für die Stadt und Region ist. „Die Geburtsstunde für den Tourismus in Zell am See war 1875 mit der Erschließung der Westbahn“, weiß der Bürgermeister. Damals gab es schon Ski-Sonderzüge, die Wintersportler:innen direkt nach Zell am See gebracht hat. Für die Klimaregion sei die Öffi-Anbindung daher sehr wichtig. „Künftig wären wieder mehr Direktzüge gut.“
Wie lange liegt noch Schnee am Gletscher?
Ob die Gäste in Zukunft beim Aussteigen noch Schnee vorfinden, ist allerdings nicht gesichert. „Die Klimaerwärmung gibt’s, das ist nicht wegzudiskutieren“, warnt Wimmreuter vor einer möglichen bevorstehenden Gletscherschmelze. Ein Thema, das nicht nur Zell am See, sondern auch zahlreiche andere Wintersport-Destinationen in den nächsten Jahren beschäftigen wird.
Energie aus dem Pinzgau für den Pinzgau
Aktuell habe man viele Projekte am Laufen. Ganz oben auf der Liste steht das allgegenwärtige Thema der Energie-Knappheit. „Wir wollen unabhängig von der Energieversorgung werden. Die Ressourcen dazu haben wir hier im Pinzgau“, erzählt Wimmreuter. Einerseits will man die Sonnenenergie besser nutzen. Dazu wurde zum Beispiel schon das Dach der Eishalle mit PV-Paneelen versehen. Anderseits sollte auch die Wasserkraft unbedingt genutzt werden. Wie zum Beispiel durch das Kleinwasserkraftwerk im Schmittenbach.
Weiter gearbeitet werden soll an der Sicherheit für die Einwohner:innen der Stadtgemeinde. Das spezielle Augenmerk liegt dabei, wie auch in Hallein, am Hochwasserschutz. „Starkregen nehmen zu und darauf müssen wir vorbereitet sein. Das kostet zwar viel, aber es ist bestens investiertes Geld.“
Zell am See soll Touri-Destination bleiben
Am Stellenwert für die Region wird sich laut dem Bürgermeister in den kommenden Jahren nicht viel ändern. Denn auch Zell am See hätte in den nächsten 15 Jahren nicht das Ziel schnell zu wachsen, den Zuzug schätzt der 59-Jährige als moderat und kontrolliert ein. Nur bei einem ist er sich sicher: „Zell am See wird weiter eine der Top-Touristen-Destinationen sein.“
Geschichte: Erste Erwähnung 788, Erhebung zur Stadt 1928
Einwohner: ca. 10.230
Fläche: 55 km²
Seehöhe: 750 Meter
Seekirchen
Seekirchen und seine Nähe zur Landeshauptstadt
Ähnlich wie Hallein ist auch Seekirchen am Wallersee eng mit der Landeshauptstadt verbunden. Die Nähe zu Salzburg macht sich in der Flachgauer Bezirkshauptstadt bei mehreren Punkten bemerkbar. „Wir sind schon im Speckgürtel, das hat natürlich Vor- und Nachteile“, erzählt Bürgermeister Konrad Pieringer (ÖVP) im Gespräch mit S24. So würden zum Beispiel Geschäfte im Zentrum unter der unmittelbaren Nähe zu den großen Einkaufzentren in Salzburg leiden. Auch die Grundstückspreise werden in die Höhe getrieben. Pieringer spricht bei Bauland von einem Quadratmeterpreis von 5.000 Euro, bei Reihenhäusern sogar von 7.000 bis 8.000 Euro. Ein Vorteil sei jedoch die Lebensqualität: „Wir profitieren von der Salzburger Infrastruktur, müssen aber nicht städtisch leben.“
Bessere Anbindungen durch Bahnhof-Süd
Durch den geplanten Bahnhof Seekirchen-Süd werden die Städte noch näher zusammenwachsen, da die Menschen einfacher und schneller via Zug pendeln können. Sogar das Rad-Netz, das nach Salzburg und Obertrum ausgebaut wird, dockt dann am Bahnhof an. Baubeginn soll im Frühjar 2023, Fertigstellung im Dezember 2024 sein. Stadtchef Pieringer ist es ein besonderes Anliegen, dass der Verkehr in Zukunft – so gut es geht – vom Zentrum ferngehalten wird. Dort bewähre sich die Begegnungszone bereits gut.
Seekirchen nimmt größere Bedeutung ein
Seekirchen wird für den Flachgau ab dem Sommer 2023 zum Zentrum für viele Angelegenheiten. Denn dann soll das Bezirksgericht in den neuen Park an der Fischach einziehen. „Damit entsteht auch ein neuer Stadtteil, der die Bewohner auch zum Relaxen und Spazierengehen einlädt“, schildert der 63-Jährige die Pläne. In Verbindung mit der Bezirkshauptmannschaft nimmt die Stadt am Wallersee damit in Zukunft eine noch größere Rolle ein. Im Ortszentrum sollen zudem zusätzliche Gebäude und Geschäfte entstehen. Zwischen 2023 und 2024 ist auch der Baustart des einzigen Hallenbades im Flachgau vorgesehen.
Wohnen am Wallersee
Natürlich locken die Nähe zur Stadt Salzburg und der Wallersee auch viele Menschen nach Seekirchen. Aktuell zählt die Stadt etwa 11.000 Bewohner:innen. „Der Zuzug ist jetzt stärker, soll laut den Prognosen aber abflachen“, schätzt Pieringer, der bis 2040 schon 12.500 Bewohner:innen in seiner Stadt vermutet. Aktuell liege das Wachstum bei 80 bis 100 neuen Gesichtern pro Jahr. Diese kommen etwa an der Fischach oder in anderen Projekten unter. „Wir haben ein Baulandsicherungsmodell. Da haben wir 200 Bewerber für neun Grundstücke.“ Die Bauträger haben also auch in Seekichen am Wallersee wenig Mühe ihre Wohnungen loszuwerden.
Gründungsjahr: Erste Erwähnung 696, Erhebung zur Stadt 2000
Einwohner: ca. 11.000
Fläche: 50 km²
Seehöhe: 512 Meter
(Quelle: salzburg24)