Neuer Rissverdacht im Pongau

Wie steht's um die in Salzburg getötete Wölfin?

Veröffentlicht: 25. Juli 2023 10:10 Uhr
Nach dem Abschuss einer Wölfin vor zwei Wochen im Pinzgau scheint es fast schon ruhig geworden zu sein um das stark polarisierende Raubtier. Während der Salzburger Wolfsbeauftragte das Laborergebnis zu den Rissen "nahezu täglich" erwartet, gibt es im Pongau einen neuen Verdachtsfall.

Es ist eines der am meisten polarisierenden Themen der letzten Zeit: Der Wolf in Salzburg. Soll das Raubtier gemeinsam mit Menschen und Nutztieren leben oder besser gleich abgeschossen werden? Hierzulande dürften sich Schätzungen zufolge bis zu vier Tiere aufhalten, davon seien zwei sogenannte "Problemwölfe". Auch ein Rudel sei in Zukunft nicht ausgeschlossen.

Was ist mit im Pinzgau erschossener Wölfin?

Die schwarz-blaue Landesregierung geht bekanntlich rigoros gegen "Problemwölfe" vor, die im Verdacht stehen, Schafe und Lämmer getötet zu haben. Es gibt zwei aufrechte Verordnungen, die einen raschen Abschuss der streng geschützten Raubtiere ermöglichen sollen.

Eines der dafür in Verdacht stehenden Tiere ist jene Wölfin, die am 8. Juli im Gebiet Hochkönig und Steinernes Meer im Pinzgau erlegt wurde. Sie stammt bekanntlich aus einer italienischen Population – woher genau, ist aber weiter unklar. Denn auch nach mehr zwei Wochen könne immer noch nicht gesagt werden, ob das Tier tatsächlich für Risse im Land Salzburg ist, erklärte der Salzburger Wolfsbeauftragte Hubert Stock am Dienstag gegenüber SALZBURG24: "Wir rechnen nahezu täglich mit den Ergebnissen der Untersuchung und können dann mit Gewissheit sagen, wo und ob diese Wölfin Vieh gerissen hat." Demnach würden die aufwendigen Laboranalysen in Wien länger andauern als zunächst gedacht.

Mutmaßlicher Wolfsriss in St. Johann im Pongau

Bislang gibt es heuer mehr als 30 mit DNA-Untersuchungen bestätigte Wolfsrisse im Bundesland. Zuletzt wurden in Wald im Pinzgau acht tote Schafe gefunden – auch hier steht die Abklärung noch aus, genauso wie bei einem mutmaßlichen Riss eines Lamms in St. Johann im Pongau vom vergangenen Wochenende.

EU plant keine "Aufweichung" des Tierschutzes

Kein Verständnis für die Abschüsse in Salzburg, Tirol und Kärnten zeigte indes EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius: Österreich habe bisher gerade einmal 20 Wölfe nach Brüssel gemeldet. Die EU plane vorerst nicht, den Schutz des Wolfes – EU-weit eine geschützte Art – "aufzuweichen", hielt der Litauer fest. Das EU-Recht erlaube ja Wölfe zu schießen, wenn sie zu nahe an Menschen herankommen. In vielen Ländern funktioniere das: "Ich weiß nicht, welche Hürden Österreich daher sieht, aber es ist wohl immer leichter, Brüssel die Schuld zu geben."

Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) wies diese Aussagen umgehend zurück. Beim Wolf gehe die Argumentation aus Brüssel "an der Realität in den EU-Mitgliedsstaaten vorbei", meinte Totschnig in einer Stellungnahme. "Fakt ist, der Wolf ist in Europa nicht mehr vom Aussterben bedroht und vermehrt sich mittlerweile pro Jahr um bis zu 30 Prozent". Rund 80 Wölfe hätten 2022 österreichweit 800 Tiere gerissen, 2021 seien es 500 gewesen.

Salzburgs Wolfsbeauftragter nannte die EU-Richtlinie aus den 1990er-Jahren im S24-Interview "veraltet". Die rechtlichen Bestimmungen müssten den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden. Denn während der Wolf damals "zurecht in den Schutzstatus gehoben wurde", sei das Tier "heute nicht mehr gefährdet". Europaweit wurden damals nur mehr 1.500 Wölfe gezählt.

Svazek: Salzburg "nicht komplett wolfsfrei"

Den Schutzstatus herabsetzen möchte auch die in Salzburg für Jagd zuständige LH-Stv. Marlene Svazek (FPÖ): "Das ist dann eine EU-rechtliche Thematik, um die wir uns dann alle gemeinsam, nicht nur ein Bundesland, sondern bundesländerübergreifend kümmern müssen." Grundsätzlich soll der Wolf aber bleiben, betonte die Landesrätin. Es sei nicht das erklärte Ziel, "dass das Bundesland Salzburg komplett wolfsfrei wird. Aber man muss diese Zonen auf der Alm festlegen, weil dort wird aufgetrieben."

Wo Herdenschutz verhältnismäßig finanzier- und logistisch umsetzbar sei, müsse man das weiterhin forcieren – und das werde in Salzburg derzeit auch getan, merkte der Wolfsbeauftagte Stock an. 830.000 Euro sei demnach bereits in den Herdenschutz investiert worden, 80 Prozent davon finanziert vom Land Salzburg. Wölfe, die unauffällig sind, wie etwa jener in Forstau im Pongau, sollen in Salzburg auch weiterhin leben können, hieß es. .

Herdenschutzmaßnahmen auf Almen

Aus Sicht des Naturschutzbundes seien Herdenschutzmaßnahmen auf Salzburger Almen nicht oder viel zu spät oder zu wenig konsequent umgesetzt worden. "Ein Aktionsprogramm zum Erhalt der Almwirtschaft in Salzburg müsste diese multiplen Herausforderungen gemeinsam denken und angehen. Dabei wird Behirtung ein zentraler Baustein sein und je früher das Land Salzburg die Almwirtschaft dabei unterstützt, auf gezielte Weideführung umzustellen, desto mehr Almen werden wir erhalten können", heißt es in einem Offenen Brief an den Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP). Der Naturschutzbund geht davon aus, dass das Vorgehen des Landes gegen EU-Recht verstoßen dürfte und ein EU-Vertragsverletzungsverfahren zur Folge haben könnte.

Fachleute sind allerdings der Ansicht, dass Hirten- und Herdenschutzhunde zum Schutz vor Wölfen auf den Almen in Österreich nicht funktionieren würden.

Statistik zu Wolfsrissen in Salzburg

Im Land Salzburg wurden in den Jahren 2019 und 2021 Dutzende Nutztiere von Wölfen getötet und verletzt, 2020 war hingegen kein einziger Wolfsriss gemeldet worden. Im Vorjahr wurden bei vier Wolfsangriffen zwölf Nutztiere getötet, heuer waren es seit Jahresbeginn bisher rund 40 Schafe und Ziegen.

(Quelle: salzburg24)

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