Blick ins Wahlprogramm

Die Standpunkte der Parteien zu Umwelt und Klima

Veröffentlicht: 26. September 2024 16:34 Uhr
Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs ist eine von wenigen Maßnahmen, auf die sich alle Parteien im Themenbereich Klima, Energie und Verkehr einigen können. Populär ist zudem eine Reduktion der Abhängigkeit von Energie aus anderen Staaten wie Russland. Bei uns findet ihr die Positionen der Parteien zu den Themen Klima und Umwelt im Überblick.

Am Sonntag wählt Österreich einen neuen Nationalrat. Wir haben uns im Vorfeld im Rahmen einer SALZBURG24-Umfrage angsehen, welche Themenbereiche für die Salzburger Wählerinnen und Wähler besonders wichtig sind. In unserer Wahlprogramm-Sere fassen wir euch nun täglich die Standpunkte der Parteien in den jeweiligen Bereichen zusammen. Heute stehen Klima- und Umweltschutz im Fokus.

ÖVP setzt in Sachen Klima auf Innovation

Mit einem "Klimaschutz mit Hausverstand" will die ÖVP die Pariser Klimaziele erreichen. Keine Verbote, sondern neue Technologien sollen dabei für Klimaschutz sorgen. In diesem Sinne soll etwa das Verbot der CO2-Speicherung aufgehoben werden. Der Ausbau erneuerbarer Energien soll mit schnelleren Bewilligungsverfahren beschleunigt werden, die Abhängigkeit von russischem Gas durch Diversifizierung und Substitution fossiler Energieträger vonstattengehen. Technologieoffenheit soll es auch im Verkehr geben, etwa gegenüber dem "Grünen Verbrenner". Österreich soll zudem bedeutender Produktionsstandort für die Autoindustrie bleiben. Festhalten will man auch an der Umsetzung des Lobautunnels, daneben will die Volkspartei Fahrradwege und Öffis ausbauen.

FPÖ ohne Klima-, dafür mit Umweltschutz

Statt Klimaschutz propagiert die FPÖ Natur- und Umweltschutz. Klimaschutz wird im Wahlprogramm nämlich mit Ideologie, "Grünem Verbotswahn" und Deindustrialisierung assoziiert. Stattdessen plädiert die Partei für Eigenverantwortung und den Einsatz neuer Technologien im Sinne der Nachhaltigkeit. Statt "Klimastrafen" gegenüber der EU zu bezahlen, soll in Forschung investiert werden. Autofahrer wollen die Freiheitlichen entlasten, etwa mit einer Anhebung des Pendlerpauschales. Der öffentlichen Verkehr soll "ohne Zwang" ausgebaut werden. Während auch die Freiheitlichen die Energie-Abhängigkeit von anderen Staaten reduzieren wollen, soll russisches Gas betont weiterhin zum Einsatz kommen. Im Zuge einer "entideologisierten Energiepolitik" soll der Ausbau erneuerbarer Energiegewinnung der österreichischen Wirtschaft zugutekommen. Die Teuerung im Energiebereich will man notfalls auch per Preisdeckel bekämpfen.

SPÖ für Öffi-Ausbau und Privatjetverbot

CO2-Neutralität bis 2040 ist für die SPÖ "alternativlos". Deshalb wird ein verbindliches Klimaschutzgesetz sowie ein Klimacheck für Gesetze gefordert. Ein Transformationsfonds in Höhe von 20 Milliarden Euro soll für einen ökosozialen Transformationsprozess bereitstehen. Die Abhängigkeit von russischem Gas soll so rasch wie möglich reduziert werden. Wichtig ist den Sozialdemokraten, dass der Wandel hin zu einer grünen Wirtschaft sozial gerecht gestaltet wird. So soll es etwa eine "Just Transition"-Strategie geben, um Klimaneutralität mit beschäftigungspolitischen Maßnahmen zu kombinieren. Der öffentliche Verkehr soll ausgebaut, Privatjets überhaupt verboten werden. Eine bundesweite Bodenschutzstrategie soll für weniger Flächenverbrauch sorgen, zudem will die SPÖ zehn Prozent der Waldfläche außer Nutzung stellen.

Grüne fordern verpflichtendes Klimaschutzgesetz

Die Grünen widmen einen Großteil ihres Programms dem Klimaschutz. Gefordert wird etwa ein Beschleunigungsgesetz, das schnellere Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energien ermöglichen soll. Unabhängigkeit will man von "schmutzigen Öl- und Gasimporten", stattdessen soll sich Europa mit sauberer, selbst produzierter Energie versorgen. Ein Klimaschutzgesetz wird unter dem neuen Namen "Klimarahmengesetz" gefordert, es soll Ziele für alle Sektoren wie ein verbindliches CO2-Budget vorgeben. Auch ein Klimacheck für neue Gesetze soll nach Wunsch der Grünen kommen, genauso wie ein "Grundrecht auf Klimaschutz". Eine verbindliche Bodenschutzstrategie soll den Bodenverbrauch auf 2,5 Hektar pro Tag beschränken. Züge will die Öko-Partei gegenüber Kurzstreckenflügen attraktivieren, vom Bahnhof nach Hause soll es mehr Busse geben.

NEOS will Raumplanung höheren Ebenen überlassen

Die Pinken plädieren sowohl für den Ausstieg aus russischem Gas als auch aus fossilen Energien. Prozesse in diese Richtung sollen beschleunigt, Umwelt und Wirtschaft dabei gemeinsam gedacht werden. Auf allen Entscheidungsebenen wünschen sich die NEOS jährliche Limits an Treibhausgasen, zudem soll klimaschädliches Verhalten und Umweltverschmutzung stärker belastet und CO2 aus der Atmosphäre durch Speicherung zurückgeholt werden. Die Individualmobilität soll dekarbonisiert, Rad- und Gehwege sowie die Öffis ausgebaut werden. Gegen den Bodenverbrauch will die Partei vorgehen, indem sie Raumplanungskompetenzen von den Gemeinden weg auf eine höhere Ebene hievt.

Die Positionen der Kleinparteien

Die Bierpartei bekennt sich zu den vereinbarten Klimazielen. Sie plant einen schrittweisen Ausstieg aus Öl und Gas und vermehrte Nutzung erneuerbarer Energien. Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energiegewinnung und der Stromnetze will sie auch in die Speicherung von überschüssigem Strom in Form von Warmwasser oder dessen Verwendung in der Produktion von Wasserstoff und synthetischem Treibstoff investieren. Auch lokale Speicher für private PV-Anlagen will man fördern. Für den Umweltschutz plant die Bierpartei ein Zukunftsministerium, das Gesetze und Maßnahmen auf ihre Zukunftstauglichkeit und damit auch auf ihre Auswirkungen auf die Umwelt prüft. Außerdem tritt sie für eine bundesweite Obergrenze beim Bodenverbrauch auf 2,5 Hektar pro Tag ein. Gewünscht wird zudem ein Ausbau von öffentlichen Verkehrsmitteln, Park-and-Ride-Plätzen und Radwegen. Supermärkte sollen verpflichtet werden, genießbare Lebensmittel zu spenden anstatt sie zu entsorgen.

Für die KPÖ ist die Klimakrise ein Ergebnis der kapitalistischen Produktionsweise. Durch eine Energiegrundsicherung soll der Grundbedarf an Strom und Heizenergie für jeden Haushalt kostenlos sein. Dafür will man die "teilweise enormen Gewinne" abschöpfen. Die öffentliche Hand soll zudem jährlich mindestens eine Milliarde Euro für die Gemeinden zur Verfügung stellen, um den Ausbau der Erneuerbaren voranzutreiben. Damit dieser Umbau gelingt, brauche es auch eine Ausbildungsoffensive im Bereich nachhaltige Technologien. Zudem fordern die Kommunisten den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und ein gratis Klimaticket für Menschen mit niedrigem Einkommen. Beim Bodenverbrauch plant man gesetzliche Schranken. "Schädliche" Industrien – genannt wird im Programm die Waffen- und Rüstungsindustrie – sollen außerdem unter öffentlicher Kontrolle auf "sozial und ökologisch sinnvolle" Ziele hin umgebaut werden. Auch die KPÖ fordert ein Verbot der Lebensmittel-Entsorgung für Supermärkte.

Die Liste Petrovic betont Umwelt- und Naturschutz anstelle einer Fokussierung auf das Klima. "Weltuntergangs-Szenarien" und die Vorstellung, der Klimawandel sei ausschließlich durch den Menschen und Treibhausgase verursacht, halte man für eine "einseitige und unsachgemäße Betrachtung". Es brauche einen Stopp der Bodenversiegelung, verstärkten Artenschutz, Renaturierung sowie den "Schutz gesunder Bäume". Plastik soll durch die Erweiterung des Pfandsystems reduziert werden.

Die Linkspartei Wandel (KEINE von denen) setzt in Sachen Klimakrise auf eine "sofortige Generalmobilisierung aller Ressourcen" für die Energiewende. Damit soll erreicht werden, dass bis spätestens 2030 nur noch saubere, regionale und kostengünstige Energie verwendet wird. Die Landwirtschaft in Österreich will man außerdem rasch nachhaltig und biologisch gestalten. Im Fokus steht dabei auch artgerechte Tierhaltung. Zudem plant KEINE auch ein Privatjetverbot sowie den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, die Reduktion von Bodenversiegelung und die Abkehr von Wegwerfprodukten.

Das Urteil der Klima-Expert:innen

Und wie bewerten nun Fachleute all diese Pläne? So unterschiedlich wie die Klima-Kapitel der Wahlprogramme der Parteien fällt auch das Zeugnis aus, das Wissenschafter:innen diesen ausstellen. Setze die ÖVP vor allem auf neue Technologien, lieferten SPÖ und NEOS gute Ansätze für Energie- und Verkehrswende. Die FPÖ leugne die Klimakrise ganz, hieß es bei einer APA-Rundfrage. Letztere würde mit ihren Maßnahmen, die "bis ins kleinste Detail kontraproduktiv" seien, sogar "sicherstellen, dass Österreich die Klimaziele nicht erreicht", so etwa Keywan Riahi vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg. Am ehesten könnten laut den Expert:innen die Grünen die Klimaziele erreichen.

Den Anfang unserer Wahlprogramm-Serie machten "Asyl und Migration", gefolgt von "Wirtschaft und Arbeit", "Gesundheit und Pflege", "Wohnen" und "Sicherheit und Justiz". Morgen geht es weiter mit den Themen Bildung und Forschung. Den Abschluss macht der Bereich Frauen am Samstag.

Alle Infos zur Nationalratswahl bei SALZBURG24

(Quelle: salzburg24)

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